Studie: Trittbrettfahrer bei Klimaverhandlungen ignorieren

 

 

11.08.2020

Wien (APA) – Kollektive Risiken lösen soziale Dilemmata aus, die einen Ausgleich zwischen egoistischen Interessen und Gemeinwohl erfordern. Das zeigt sich auch am Beispiel des Klimawandels und den Maßnahmen zu dessen Eindämmung. Ein im Fachjournal “Pnas” veröffentlichtes Experiment kommt nun zum Ergebnis: Ignoriert bei den Klimaverhandlungen die Trittbrettfahrer und baut auf dem vorhandenen guten Willen auf.

 

195 Nationen haben 2015 das Pariser Abkommen unterzeichnet, mit dem Kohlenstoffemissionen verringert und so die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau gehalten werden soll. Doch es ist bei weitem nicht klar, in welchem Umfang die einzelnen Staaten zur Erreichung des Ziels beitragen werden, letztlich hängt es von ihrem guten Willen ab. Dabei kommt es auch zu Trittbrettfahrern – also Staaten, die nicht bereit sind, in die Reduktion der Emissionen zu investieren, sondern von bereitwilligen Kooperationspartnern und Altruisten profitieren, die den Großteil der Last tragen.

 

Experiment mit 350 Studenten

 

Um Einblicke in die sozialen Aspekte der Klimaverhandlungen zu gewinnen, hat ein internationales Forscherteam ein Experiment mit rund 350 Studenten durchgeführt. Geleitet wurde die Studie von Zhen Whang von der Wang Northwestern Polytechnical University in Xi’an (China), beteiligt waren u.a. auch Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Matjaz Perc vom Complexity Science Hub Vienna (CSH).

 

Die Teilnehmer wurden in verschiedene Gruppen eingeteilt, mit Kapital ausgestattet und aufgefordert, in ein gemeinsames Klimaschutzziel zu investieren. Wenn die Investitionen ein vorgegebenes Ziel erreichten, würden alle negativen Konsequenzen des Klimawandels vermieden und die Teilnehmer konnten sich verbleibendes Kapital auszahlen lassen. Sollte das Ziel nicht erreicht werden, würden die Teilnehmer mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent ihr gesamtes Kapital verlieren.

 

Das Dilemma bestand also darin, ob man sein eigenes Kapital investieren oder darauf warten sollte, dass das andere tun. Es zeigte sich, dass Gruppen, in denen rudimentäre Kommunikation (fünf Ja-Nein-Fragen zwischen den Spielrunden) erlaubt war, wodurch Gefühle und Perspektiven vermittelt werden konnten, zu positiveren Ergebnissen kamen. Durch die Möglichkeit zur Kommunikation stieg die Erfolgsquote einer Gruppe von etwas über 50 auf über 90 Prozent. In solchen Gruppen wurde beharrlich investiert und kaum aufgegeben.

 

Durch die Kommunikation sei die Häufigkeit des Trittbrettfahrer-Typs reduziert worden. Das vorgegebene Ziel wurde jedoch vor allem dadurch erreicht, dass die kooperativen und altruistischen Typen in dem Maße, wie sich ein Scheitern abzeichnete, ihre Beiträge erhöhten. Für die Wissenschafter lieferte das Experiment wertvolle Erkenntnis für zukünftige reale Klimaverhandlungen: Anstatt an Trittbrettfahrer zu appellieren oder Skeptiker zu bekehren, könnte es effektiver sein, auf dem vorhandenen guten Willen aufzubauen.

 

Service: http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1922345117