Haben Sie es schon gelesen?

 

Die Zerbrechlichkeit der Welt Kollaps oder Wende. Wir haben es in der Hand. Stefan Thurner

 

Da Corona noch immer wütet und der Lockdown nur schrittweise auf[1]gehoben wird, haben Sie womöglich Zeit, ein weiteres Sachbuch zu lesen, das sich mit der aktuellen Umbruchsituation (Klimawandel, Corona) ebenso beschäftigt wie mit der Auf[1]arbeitung der Finanzkrise des Jahres 2008 und den sich bereits anbahnen[1]den gesellschaftlichen Umbrüchen der nächsten Zukunft. Wiederum eine Art “Sachbuch”, welches ebenso wie das zuletzt besprochene Buch (“Das leise Sterben”) nicht unter den TOP 10 der in Österreich verkauf[1]ten Sachbücher aufscheint (warum eigentlich nicht?), aber bestimmt viel zu sagen hat. Gewiss!

 

Der Autor ist Univ.-Prof. Mag. DDr. Stefan Thurner, der von Journalisten zum Wissenschafter des Jahres 2017 gewählt worden war. Er leitet das Complexity Science Hub Vienna (CSH) und ist weltweit bestens vernetzt in der Komplexitätsforschung, eine relativ junge Wissenschaft.

 

Womöglich ist schon alleine das Wort “Komplexität” für viele Menschen abschreckend, denn man stellt sich da ein sehr schwieriges Thema vor, oder?

 

Ja, und da liegt für mich schon mal die Größe und Stärke dieses Buches: Dem Autor (Physiker und Ökonom – eine seltene Kombination, meine ich) gelingt es, ein schwieriges Thema verständlich darzustellen! Er erklärt nachvollziehbar Begriffe wie Netzwerke, Tipping-Points, Resilienz, Makroeigenschaften, Anpassung, Kettenreaktionen usw. und jeder versteht dann besser, dass es sehr wohl Folgen haben kann, wenn in China ein Rad umfällt – wie man so sagt.

 

Hauptthemen sind daher die Zerbrechlichkeit des Finanzsystems, der Ökosysteme und somit des Planeten schlechthin – was wiederum an das oben genannte und zuletzt bespro[1]chene Buch anknüpft – und jene der Zivilgesellschaft. Wer sich heutzutage gewissen Informationen verweigert, lebt in einer “Echokammer” und hört nur das, was er selbst hineinruft. Der Autor warnt vor den neuen Tech[1]nologien, welche diesen Echo-Effekt massiv verstärken können. (Google als die Quelle der Wahrheit?)

 

Bestürzend war für mich aber die Analyse über den Zerfall der Zivilgesellschaft, welche ja auch ein Netz[1]werk bildet. Deren Zerfall ist unter dem Eindruck von in der letzten Jännerwoche in ganz Europa ablaufenden “Corona-Protesten” so offensichtlich und bedrohlich geworden. Ein Vergleich drängt sich da auf: Wer wusste am 13.11.89 mittags, dass am Abend die Mauer in Berlin fallen würde? Wo und wann war damals der entsprechende Tipping-Point hierfür überschritten worden und bewirkte (hier im positiven Sinne) das Ende der Trennung Europas?

 

Welchem Tipping-Point nähern wir uns jetzt in Sache Corona, Weltfinanzlage, Klima, Gesellschaft usw …? Sollten Sie das Buch lesen, so könnten Sie ahnen, wo wir gerade stehen.