Alptraum Lockdown: Warum jetzt droht, was alle ausgeschlossen haben
Coronavirus: Mit den steigenden Infektionszahlen droht der Kontrollverlust, ein zweiter Stillstand des Landes ist nicht mehr ausgeschlossen. Wie konnte es dazu kommen – und welche Maßnahmen helfen im Kampf gegen die Pandemie?
Peter Klimek denkt schon an Weihnachten, ihm graut davor. Er ist Statistikexperte beim Complexity Science Hub in Wien und hat Corona-Daten aus zig Regionen analysiert. Er weiß wie kaum ein anderer, wie sich das Virus verhält, was es braucht, um sich schnell verbreiten zu können. Weihnachten wird Corona lieben.
“Hier kommen alle Faktoren zusammen, die wir gefunden haben”, sagt Klimek. Viele Menschen wollen über Weihnachten traditionell verreisen, sie feiern im großen Kreis, mit Jung und Alt. Das Singen unterm Baum, das gemeinsame Essen, Trinken, Diskutieren und Lachen im Wohnzimmer. Es ist kalt, die Fenster bleiben meistens geschlossen.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach davon, man müsse zu verhindern versuchen, dass die Deutschen Weihnachten ganz ohne ihre Liebsten feiern müssten. Und ein paar Tage danach steht Silvester an, “wieder mit vielen Freunden und Alkohol und Tanzen”, sagt Klimek.
Oder es kommt ganz anders. Niemand reist, niemand trifft sich in größeren Gruppen, weil das gar nicht erlaubt ist.
Undenkbar ist das nicht mehr, auch nicht unwahrscheinlich. Wer Angela Merkel sowie den Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) aus Bayern und Michael Müller (SPD) aus Berlin am Mittwochabend zugehört hat, konnte nur mit Mühe Spuren von Optimismus entdecken. Anspannung beherrschte die Pressekonferenz nach dem Treffen der Bundeskanzlerin mit den Länderchefs. Die Politik hat Angst vor einem zweiten Lockdown. Er sei “viel näher, als wir das wahrhaben wollen”, sagte Markus Söder, mit schlimmen Folgen für den Wohlstand, für die Zukunft des Landes.
Lange nicht mehr haben Spitzenpolitiker der Bundesrepublik einen so dramatischen Appell an die Bevölkerung gerichtet, sie auf ein gemeinsames Projekt eingeschworen: Haltet euch an die neuen Regeln, um weit strengere Regeln zu verhindern.
Am Morgen danach meldete das Robert Koch-Institut 6638 neue Coronavirus-Fälle, ein Höchstwert für Deutschland. Das exponentielle Wachstum ist zurück, auch wenn wahrscheinlich die Tatsache, dass nun mehr getestet wird, den Wert ein Stück weit nach oben treibt. Die Zahlen der Toten und der Schwerkranken auf Intensivstationen steigen ebenfalls, aber noch auf relativ niedrigem Niveau.
Dem eindringlichen Appell aus dem Kanzleramt fehlte allerdings die Wucht, weil die Politiker zuvor lange über den richtigen Kurs gestritten hatten und sich beim umstrittensten Thema nicht einigen konnten, beim Beherbergungsverbot für Reisende aus deutschen Risikogebieten.
Einige Ministerpräsidenten bestandendarauf, andere wollten es kippen, nun macht weiterhin jeder, was er für richtig hält -während erste Gerichte die Regelung bereits stoppen. Auch wenn es nun einheitliche Regeln für andere Bereiche gibt, bleibt vor allem der Eindruck von Chaos zurück.
Söder sagte, das Team “Umsicht und Vorsicht” habe gewonnen. Das klang nach Wettbewerb und nicht nach dem, was er von den Deutschen einfordert: Solidarität. Alle sollen sich an die Maskenpflicht halten, um die anderen zu schützen. Die Jungen sollen sich beim Feiern einschränken, damit die Alten, für die eine Infektion bedrohlicher ist, besser durch Herbst und Winter kommen.
Geselligkeit ist jetzt im Visier: ausgehen, feiern, reisen, die fröhliche Begegnung mit anderen, der Spaß am Leben. All das wird nun wieder geopfert, damit die Schulen und die Betriebe offen bleiben können.
Aber was hilft wirklich gegen den Lockdown? Noch immer ist die Unsicherheit groß, auch mehr als acht Monate nach der Ankunft des unheimlichen Virus in Deutschland.
Die Wissenschaft liefert ständig neue Erkenntnisse, und auch die gelten vielleicht nur bis zur nächsten Studie. Masken können schaden, Masken schützen, die Viren haften auch auf Oberflächen, die Viren haften kaum, die Viren haften doch. Es hilft, die Schulen zu schließen, es hilft nicht.
Das kann kaum anders sein, da bei einem neuen Virus alles neu erforscht werden muss, unter extremem Zeitdruck, der zulasten der Gründlichkeit gehen kann. Merkel und die Ministerpräsidentenversuchen, eine evidenzbasierte Politik zu machen, stützen sich auf die Erkenntnisse der
Wissenschaft. Aber wenn die vage sind, kann auch die Politik keinen sicheren Eindruck machen, zumal sich fast jeder auf einen anderen Experten, eine andere Expertin verlässt.
Spaltung, Unsicherheit, das ist der Zustand des Landes in dieser kritischen Phase. Gleichwohl müssen die Politiker Entscheidungen treffen, und nicht nur die, auch die Bürger, täglich, manchmal stündlich. Wie verhält man sich im Alltag? Was soll man tun, was lassen? Im Sinne der eigenen Gesundheit, im Sinne der Solidarität, im Sinne des großen Ziels, einen zweiten Lockdown zu verhindern.
Aber was weiß man bislang über das Virus, über die Methoden, es einzudämmen, über Heilungschancen? Und was macht die Politik daraus? Auch hier geht es nicht um letztgültige Wahrheiten, sondern um Annäherungen. Es ist schon eine Menge über das Coronavirus bekannt,
aber noch nicht genug, um sich in allem sicher zu sein.
Atmen
“Befindet sich ein Infizierter in einem geschlossenen Raum, scheidet er das Virus beim ganz normalen Atmen aus”, sagt der Aerosolspezialist Martin Kriegel von der Technischen Universität Berlin. Die Aerosole schweben durch die Luft, dringen durch Mund oder Nase in die Atemwege ein.
Kriegel vergleicht die Seuche mit Zigarettenrauch. “Wenn jemand in einem geschlossenen Raum raucht, riechen Sie das nach kurzer Zeit. Ähnlich schnell verteilen sich Aerosole im Raum. Während eine Zigarette allerdings irgendwann zu Ende geraucht ist, atmet ein Infizierter das Virus permanent aus”.
Je länger sich jemand mit einem Infizierten im selben Raum befindet, desto größer das Risiko. Wir atmen ungefähr 500 Liter Luft pro Stunde ein und aus. Jeder Atemzug birgt aufs Neue die Gefahr, dass sich infektiöse Partikel an die Schleimhäute heften , sagt Kriegel.
Atmen, der Ausdruck schlechthin für das Leben, kann zur Gefahr für eben dieses Leben werden.
Berühren
Hände waschen, immer wieder die Hände waschen. Dieser Satz, den Kinder so oft hören und so wenig mögen, wurde zu einer der ersten Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie, zum Leitmotiv bis heute,
auch für Erwachsene.
Ein Infizierter niest auf eine Oberfläche, hinterlässt dort das Virus, das ein anderer über die Hand aufnimmt. Berührt er danach seinen Mund oder die Nase, kann das Virus in den Körper wandern. Theoretisch kann es zur sogenannten Schmierinfektion kommen. Bislang ist aber kein Fall von Schmierinfektionen beim neuartigen Coronavirus nachgewiesen worden.
Ob die Augen eine mögliche Eintrittspforte für das Virus sind, ist nicht geklärt. Aber es gibt Anhaltspunkte, dass Brillenträger sich seltener anstecken.
Australische Forscher haben kürzlich herausgefunden, dass das Virus unter bestimmten Bedingungen bis zu 28 Tage auf glatten Oberflächen überleben kann, zum Beispiel auf Handys.
Ist das gefährlich? “Man geht davon aus, dass man Coronaviren vor allem über die Nase aufnehmen muss, um sich anzustecken”, sagt Walter Popp, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. “Angenommen, jemand berührt eine Türklinke, auf der sich Coronaviren befinden. Mit der Handfläche kommt man nicht in die Nase und mit den Fingern müsste man ordentlich popeln, damit ausreichend Viren in die Nase gelangen.” Nicht popeln, auch so ein Satz für Kinder.
Popp hält die Aufrufe zur Handhygiene für überzogen. Andererseits: Hände waschen schadet ja nicht.
Verbreiten
Peter Renzel, 58, arbeitet als Stadtdirektor und Gesundheitsvorstand in Essen. Er sitzt im Krisenstab und ist oberster Corona-Bekämpfer der Großstadt, die seit Sonntag ein Risikogebiet ist. “Alles recht dynamisch hier”, sagt Renzel, der in diesen Tagen fast rund um die Uhr am Telefon hängt und Zahlen von Neuinfektionenentgegennehmen muss.
Am Dienstagmittag ist die Lage in seiner Stadt so: 338 Menschen sind infiziert, 28 liegen im Krankenhaus, 7 auf der Intensivstation. Der Inzidenzwert beträgt 56,3, so viele Essener haben sich pro lOO.OOO Einwohner in den sieben Tagen davor angesteckt.
Derzeit sind Herbstferien in Nordrhein Westfalen. Das Bürgertelefon habe zuletzt nicht mehr stillgestanden, erzählt Renzel. Hunderte Menschen hätten Fragen zum Beherbergungsverbot gehabt, zu ihrem Urlaub, was seine Mitarbeiter “viele Stunden” gekostet habe. “Ich hatte das Gefühl, wir
sind ein Reisebüro”, sagt Renzel.
Essen, Berlin, Frankfurt, Stuttgart, Bremen -warum verbreitet sich das Virus hier so rasant?
Tja, sagt Renzel, sie seien noch auf der Suche nach Gründen: “Wir haben keine Hochzeit, keine Feier, keinen Betrieb, auf den wir die Infektionszahlen zurückführen könnten. Wir haben keine großen Ausbrüche in Schulen oder Kitas.”
Alle fahnden nach den Superspreadern, den Menschen oder Anlässen, die für besonders viele Ansteckungen verantwortlich sind. Man hatte vor allem die Bars, die Hochzeiten in Verdacht. Aber das kann nicht die ganze Erklärung für den exponentiellen Anstieg sein.
“Die weitaus meisten Ausbrüche wurden im privaten Haushalt detektiert”, hat das Robert Koch-Institut für ganz Deutschland ermittelt. Die Behörde untersuchte, welchen Orten die Gesundheitsämter Corona Ausbrüche zwischen dem 24. Februar und dem 19. Juli zugeordnet
haben.
Der private Haushalt führt die Liste des RKI an, mit Abstand. Auf Platz zwei folgen Alten- und Pflegeheime, dann der Arbeitsplatz und das Krankenhaus. Kein einziger Ausbruch konnte dagegen der Bahn zugeordnet werden, nur wenige dem Bus und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch in Restaurants, Kindergärten, Schulen und Horten ist vergleichsweise wenig passiert.
Allerdings ist die Statistik des RKI mit Vorsicht zu genießen, denn die Gesundheitsämter wissen nur bei knapp 30 Prozent der übermittelten Corona-Fälle, wo die Ansteckung stattfand. Es liegt also nahe, dass vor allem dort Ausbrüche dokumentiert wurden, wo sich Infektionsketten vergleichsweise einfach nachvollziehen ließen.
In privaten Haushalten, Heimen, am Arbeitsplatz oder in Krankenhäusern geht das recht leicht. Bei Restaurants ist es schon schwieriger, nach einer Bahnfahrt nahezu unmöglich. “Es macht uns große Sorgen, dass die Ansteckungssituationen im Laufe der Zeit diffuser geworden sind”, sagt der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Das Problem seien inzwischen nicht nur klar zu identifizierende Hotspots wie Flüchtlingsunterkünfte, Altersheime oder Partys. Wir haben überall kleine Glutnester. Die Infizierten können zum Teil gar nicht mehr sagen, wo sie sich angesteckt haben.
Selbst in Ämtern, deren Aufgabe der Schutz der Bevölkerung ist, schleicht sich das Virus ein, wie der Verfassungsschutz gerade erfahren musste. Neben dem Präsidenten, Thomas Haldenwang, wurden inzwischen auch die beiden Vizechefs und einige wenige Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet. Die komplette Führungsriege leitet die Amtsgeschäfte nun aus dem Homeoffice.
In ganz Deutschland nehmen die Glutnester zu. Neben Stuttgart galten am Donnerstag inzwischen 59 Städte und Kreise als Risikogebiete.
Da ist zum Beispiel Mainz. “Wir sind hart an unserer Grenze”, sagt Dietmar
Hoffmann, Leiter des Gesundheitsamts im Landkreis Mainz-Bingen. Pro Tag gebe es 50 Neuinfektionen mit jeweils bis zu 40 engen Kontaktpersonen. Das Hauptproblem seien die großen Familienfeiern,
Hoffmann nennt sie Multispreader-Ereignisse .
Da ist Offenbach. Mit einer Sieben Tage-Inzidenz von 89,8 Fällen auf 100.000 Einwohner hat die hessische Großstadt die höchste Warnstufe erreicht. Unter den Infizierten sind Reiserückkehrer und Gäste privater Feiern. Zudem steckensich immer mehr Menschen bei Verwandten im selben Haushalt an.
Da ist Delmenhorst. Dort kletterte die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag auf 164,6 Infektionen je 100000 Einwohner. “Wir kämpfen”, sagt der Oberbürgermeister Axel Jahnz, “und hoffen, das Ruder noch herumreißen zu können”. Was ihn beunruhigt, sind die vielen kleinen Ausbrüche in der Stadt. Vor allem junge Leute seien betroffen.
Einige von ihnen haben sich angesteckt, als sie zusammen in mehreren Autos gefeiert und getrunken haben, wobei sie zwischendurch mehrfach in ein anderes Auto wechselten. Ein anderes Glutnest entwickelte sich, als ein infizierter Reiserückkehrer seine große Familie ansteckte.
Nicht Riesenausbrüche wie im Frühsommer in Heinsberg oder in Gütersloh sind das Problem, sondern die Vielzahl der kleinen und mittleren Herde. Mittlerweile sprechen die Verantwortlichen oft von einer “diffusen Infektionslage”. Das heißt: Man weiß manchmal nicht, woher das
Virus kommt. Auch das macht es so schwierig, damit umzugehen.
Andererseits ist es ganz leicht: Es geht immer um den Austausch von Atem, die Begegnung, den Kontakt. Wer seine Kontakte reduziert, senkt das Risiko.
Testen
Ein Passagier kommt vor einigen Wochen aus dem Risikogebiet Barcelona am Flughafen Hamburg an. Er will sich testen lassen, findet aber im Terminal 2, wie er später mitteilt, keinen einzigen Hinweis auf Testpflicht für Reisende aus Risikogebieten . Die Teststation im Terminal Tango
in einem weit entfernten Flughafenbereich entdeckt er erst nach längerem Suchen. “Ich erschien dort denn auch offensichtlich als Einziger der etwa 30 Passagiere aus meiner Maschine”.
Das Ergebnis des Tests, mit einem 32-stelligen Barcode versehen, habe er nach Tagen noch nicht erhalten. Er fragt nach und hört, es sei wohl vergessen worden, ein Häkchen bei der Datenschutzerklärung zu machen. Dann komme die Probe zwar ins Labor, aber nicht ins Abfragesystem. “Die ganze Testerei funktioniert nicht richtig”, sagt der Reisende. Erst neun Tage nach dem Abstrich sei das Testergebnis per Post eingetroffen.
Das massenhafte Testen gab Anlass zu großer Hoffnung, die sich bislang nicht erfüllt hat. Es gab Pannen, die Kapazitäten reichten nicht, die Ergebnisse liegen oft zu spät vor. Die seit Donnerstag gültige neue Testverordnung der Bundesregierung soll das ändern. Sie berücksichtigt neben den bisherigen PCR-Tests auch Antigen-Schnelltests. Der Vorteil: Antigentests können an Ort und Stelle gemacht und ausgewertet werden. Ein Ergebnis liegt oft schon nach 15 Minuten vor. Besuche bei Risikogruppen, etwa in Alten- und Pflegeheimen, sollen mit den Tests ungefährlicher werden.
Es klingt traumhaft: Wenn ausreichend Schnelltests verfügbar sind, könnte man diese auch vor Fußballstadien, Konzerten, vor jedem Kinobesuch einsetzen und nur die Corona-Negativen reinlassen. Eine Rückkehr zu so etwas wie Normalität wäre nahe.
“Ich denke, dass diese Tests einen großen Unterschied im Management des Infektionsschutzes machen werden”, sagte Gerard Krause, Epidemiologe am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, dem Tagesspiegel . Aber sie taugen nicht dafür, die Patienten zu
diagnostizieren, sie können lediglich dabei helfen, diejenigen zu identifizieren, die Überträger sind. Positive Antigentests müssten mit einem PCR-Test bestätigt werden.
Also gilt weiterhin: Tests sind wichtig, aber nicht die große Lösung. Verfolgen Als Erstes sind die Positiv-Ermittler dran. Sie legen los, sobald vom Labor ein Testergebnis eintrifft, das eine Infektion mit Covid-19 anzeigt.
Positiv-Ermittler arbeiten zum Beispiel in Hamburger Gesundheitsämtern. Sie rufen den Infizierten an und sagen: Sie wurden leider positiv getestet. Hat der Angesprochene Symptome, müssen die Positiv-Ermittler alle Kontakte ab 48 Stunden vor Symptombeginn feststellen. Hat er keine, fragen sie nach den Kontakten in den 48 Stunden vor dem Abstrich.
Danach schlägt die Stunde sogenannter Kategorie-i-Ermittler: Sie sprechen alle Menschen an, mit denen ein Infizierter bei weniger als 1,5 Meter Abstand länger als 15 Minuten zusammen war. All diese Leute müssendie Ki-Ermittler für 14 Tage in Quarantäne schicken.
Wer Kontakte mit einem Abstand von mehr als 1,5 Metern oder kürzer als 15 Minuten hatte, wird gebeten, einen Test zu machen, wenn er Symptome zeigt. Außerdem soll er für eine Weile Kontakte zu Dritten zu meiden. Kontakte verfolgen, Infektionsketten unterbrechen. Das sogenannte Contact Tracing war die Waffe des Sommers. Vor allem damit ist es gelungen, das Virus unter Kontrolle zu halten. Dieser Erfolg ist nun in Gefahr.
Aus einem Hamburger Gesundheitsamt heißt es, dass dort normalerweise drei Mitarbeiter für Infektionskrankheiten zuständig seien, eine Ärztin, zwei Gesundheitsaufseher. “Das ist in Friedenszeiten so”, wird gesagt. Derzeit sind es 65, darunter Studentinnen, eine Schulsekretärin
und ein Lehrer, der als Risikopatient nicht unterrichten kann.
Fast überall wurde aufgestockt. Die Stadt München hat allein 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Tracing abgestellt. “Wir können die Infektionen im Regelfall nachvollziehen und die direkten Kontaktpersonen identifizieren”, sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Der Hotspot München bekommt seit Wochen Unterstützung von der Bundeswehr, die ausgebildetes medizinisches Personal schickt.
Laut Bundeswehr helfen bereits 877 Soldaten in 94 Gesundheitsämtern
dabei aus, Kontakte von Infiziertennachzuverfolgen. In Berlin sind es rund 260: Alle Bezirke haben dort die Hilfe der Bundeswehr angefordert – nur das grün regierte Friedrichshain-Kreuzberg lehnt das ab.
In Bayern beschloss das Kabinett am Dienstag, zusätzlich 1.000 Beamtenanwärter und iooo Polizeimitarbeiter in die Gesundheitsämter zu schicken. Ziel sei es, so Ministerpräsident Markus Söder, “das Contact-Tracing wirklich durchzuführen”.
Doch wenn die Infektionszahlen weiter rasant steigen, könnten die Ämter trotz der Aufstockung überfordert sein, das Virus könnte außer Kontrolle geraten. Nach einem internen Papier der Bundesregierung sind schon drei Kreise sowie Berlin damit überfordert, Kontakte nachzuverfolgen.
Das passt zu den Erfahrungen von Gunnar Deunert, 45, Vertriebler in einem Berliner Unternehmen. Er sagt, er habe mehr als zweieinhalb Stunden am Telefon gehangen, bis eine Callcenter-Mitarbeiterin im Gesundheitsamt Steglitz-Zehlendorf abhob. Deunert schilderte sein Anliegen: Einer seiner Arbeitskollegen habe am Vorabend ein positives Testergebnis bekommen. Fünf Tage zuvor habe er sich mit dem Kollegen lange unterhalten, draußen, aber ohne Maske.
Die Mitarbeiterin empfahl Deunert, zu Hause zu bleiben, er sei Kontaktperson Kategorie 1. Man werde sich für eine offizielle Anamnese wieder melden, das könne 24 Stunden dauern. Deunert bekam
Husten und Halsschmerzen – und wartete und wartete. Drei Tage später meldete sich eine Sachbearbeiterin: Er sei doch nicht Kontaktperson Kategorie 1, solle aber wegen seiner Halsschmerzen zum Arzt gehen. Der Arzt machte einen Abstrich – negativ. Neben Erleichterung bleibt bei Deunert ein komisches Gefühl zurück: “Ich hätte positiv sein können,
aber keiner unternimmt etwas”.
Fazit: Das Tracing bleibt eines der wichtigsten Mittel im Kampf gegen Corona. Hier darf es keine Engpässe geben. Dafür muss die Politik unbedingt sorgen.
Faxen
Das Virus smart bekämpfen, mit digitalen Mitteln, das klang gut, das klang modern, aber viel gebracht hat es noch nicht. Rund 16 Millionen Bürger nutzen derzeit die Corona-App, um zu erfahren, ob sie Risikobegegnungen mit Infizierten hatten. Damit ist die App weit genug verbreitet, um helfen zu können.
Besser wäre es aber natürlich, wenn noch mehr Personen sie auf ihrem Telefon hätten. Neue Funktionen könnten die Warn-App attraktiver machen und die Zahl der Downloads erhöhen. So denkt das Bundesgesundheitsministerium darüber nach, Statistiken über die aktuelle Verbreitung des Coronavirus in der App anzuzeigen.
Nach dem nächsten Update der WarnApp wird es nach SPIEGEL-Informationen außerdem möglich sein, bei einer Infektionsmeldung anzugeben, ob und seit wann man Krankheitssymptome hat. Die
Angabe werde freiwillig sein, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.
Auch mit den neuen Funktionen ist die Corona-Warn-App dennoch kein Allheilmittel. Das liegt unter anderem daran, dass nach einer Erhebung des Bundesgesundheitsministeriums nur rund 60 Prozent der positiv getesteten Nutzer ihr Ergebnis in der App hinterlegen.
Die App sei keine große Unterstützung bei der schnellen Bekämpfung und Eindämmung von Corona-Ausbrüchen, sagt die Verbandsvorsitzende der Amtsärzte, Ute Teichert. Die Daten würden ohnehin nicht bei den Gesundheitsämtern landen.
Dort ist vieles noch wie früher. Die Mitarbeiter werten mühsam handschriftliche Listen aus, auf denen Namen wie Micky Maus, Luke Skywalker oder Donald Duck eingetragen sind – falsche Namen, die genervte Gäste von Restaurants und Bars hinterlassen haben. Bei der offiziellen Kommunikation ist das Faxgerät noch immer häufig das Mittel der Wahl. Die Labore füllen zunächst am Computer ein Formular aus. Das wird per Fax an das zuständige Gesundheitsamt geschickt. Die Mitarbeiterdort geben die Daten ins Meldesystem ein und schicken sie ans Landesgesundheitsamt. Von dort wandern die Zahlen ans Robert Koch-Institut weiter, wo sie zu Statistiken gebündelt werden. Die unterscheiden sich häufig von dem, was die Landesämter tagesaktuell zählen, was wiederum die betroffenen Kommunalpolitiker und Gesundheitsämter ärgert – sie müssen anhand veralteter oder widersprüchlicher Werte entscheiden.
Diese Praxis provozierte den Tübinger Landrat Joachim Walter (CDU) diese Woche zu einer Wutrede. Das ist verwaltungstechnisch Steinzeit , so Walter. Die Leute springen mit dem Faxzettel hin und her. Viele jüngere Mitarbeiter würden Faxgeräte gar nicht mehr kennen. Auch die Software zur Übermittlung der Quarantänedaten an lokale Polizeibehörden funktioniere nicht.
Von der Politik fordert Walter: “Das Thema Digitalisierung bringt uns mehr als die Diskussion über Beherbergungsverbote”.
Lüften
Lüften ist eine offizielle Strategie im Kampf gegen das Coronavirus, das teilte die Bundesregierung Ende September mit. Für Büros wird ohnehin empfohlen, alle 60 Minuten Stoßzulüften, in Besprechungsräumen soll dies schon nach 20 Minuten passieren. In Klassenzimmern soll nicht nur in jeder Pause, sondern auch während des Unterrichts gelüftet werden, schreibt das Umweltbundesamt. Die Kultusminister haben sich auf Stoßlüften alle 20 Minuten geeinigt.
Martin Kriegel von der TU Berlin hält das für sinnvoll: Wer alle 20 Minuten das Fenster für ein paar Minuten voll aufmacht, kann das Infektionsrisiko deutlich reduzieren.
Dirk Lederle würde das gern machen, in allen Klassenzimmern, aber es geht nicht. Lederle leitet die Johanniterschule in Heitersheim in der Nähe von Freiburg und ist auch stellvertretender Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung.
Auf dem Schulcampus gibt es drei Gebäudeteile. In den beiden älteren ist das Lüften kein Problem, da lassen sich die Fenster öffnen , sagt Lederle. Aber das jüngste Gebäude, vor rund zehn Jahren gebaut, ist nach energetischen Gesichtspunkten konzipiert. Deshalb gibt es in den neun Klassenzimmern an den Fensterfronten nur Lüftungsschlitze. Und keine zentrale Lüftungsanlage.
Wenn er die Vorgaben aus dem Kultusministerium konsequent umsetzen würde, sagt Lederle, dann stünden diese Räume für den Unterricht nicht mehr zur Verfügung. Die dort bisher unterrichteten Jahrgänge könnte er in Wanderklassen umwandeln, die von Raum zu Raum wechseln. Aber dafür müssten bei allen anderen Klassen ein paar Stunden wegfallen, “und dann stehen die Eltern dieser Kinder bei mir auf der Matte”, sagt Lederle.
Mobile Luftreiniger, die Aerosole in der Raumluft reduzieren, wären eine Möglichkeit, um die Räume im Neubau nutzbar zu machen. Und das würde Geld kosten, ein paar Tausend Euro für jedes Klassenzimmer. Das werde der Schulträger, die Stadt Heitersheim, nicht mitmachen, fürchtet Lederle. Und so müsse er sich auf die Aussage der Verwaltung verlassen, dass die Lüftungsschlitze im Neubau schon irgendwie reichten zur Corona-Prävention.
Geld sollte allerdings nicht das Problem sein, wenn es darum geht, einen Lockdown zu verhindern.
Maskieren
Weimar am Wochenende, Zwiebelmarkt. Dichtes Gedränge, Tausende sind unterwegs. Es herrscht Maskenpflicht, draußen, die Sonne scheint. Fast alle halten sich daran, die Stimmung scheint ungetrübt.
Auch Köln, Hamburg, München und Frankfurt haben eine Maskenpflicht auf belebten Straßen und Plätzen erlassen. Grundsätzlich empfiehlt das RKI, den Mund-Nasen-Schutz auch draußen zu tragen, falls der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Allerdings ist eine Ansteckung an der frischen Luft deutlich unwahrscheinlicher als in geschlossenenRäumen.
Die Runde der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und deren Kollegen beschloss am Mittwoch eine ergänzende Maskenpflicht an öffentlichen Orten, wenn sich in einer Region im Sieben-Tage-Schnitt mindestens 35 Menschen pro 100.000 Einwohner anstecken.
Walter Popp, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, hält allerdings nichts von einer Maskenpflicht auf innerstädtischen Straßen und Plätzen: Wenn Sie an jemandem vorbeigehen, fangen Sie sich kein Coronavirus ein , sagt er. Beim Gang durch die Stadt, vielleicht noch bei Regen, der die Maske durchnässt und so durchlässig macht, ist das Stück Stoff aus Sicht des Hygieneexperten nicht sinnvoll. Die Situation ändert sich, wenn man länger eng zusammen ist, etwa auf einem Wochen- oder Weihnachtsmarkt oder auf einer Fußballtribüne. Dann ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes so sinnvoll wie in Innenräumen.
Der Statistikexperte Peter Klimek vom Complexity Science Hub in Wien kommt mit seinem Team nach einer Analyse weltweiter Corona-Daten aus 226 Ländern und Regionen zu der Erkenntnis, dass die
Maskenpflicht überall hilft.
Doch Klimek warnt auch: “Die Mund-Nasen-Bedeckung funktioniert, aber sie bietet natürlich keinen absoluten Schutz, sondern reduziert das Risiko um vielleicht 20 Prozent”. Das klingt zunächst enttäuschend, aber hochgerechnet auf die gesamte Bevölkerung ist das extrem wirksam, vor allem im Vergleich zu anderen Maßnahmen. Selbst ein unvollständiger Schutz, der das Risiko lediglich absenkt, kann eine Epidemie ausbremsen.
Sperren
Berlin, Samstagabend,22.30 Uhr. Nach dem Theater noch schnell ein Bier, in einer halben Stunde ist neuerdings Sperrzeit. Ständige Vertretung, eine Kölschkneipe an der Spree: Nee, wir schenken nix mehr aus. Aber es ist doch noch eine halbe Stunde Zeit? Nix mehr. Im irischen Pub, ein paar Hundert Meter weiter: Leider, leider no.
Seit vergangener Woche gelten in einigen deutschen Städten wie Berlin und Frankfurt Sperrstunden und Alkoholverbote. Bars, Kneipen und Restaurants müssen dann von 23 Uhr bis 6 Uhr morgens
ihre Türen schließen. In Tankstellen und Kiosken darf in dieser Zeit kein Alkohol verkauft werden. Zwar gibt es bislang keine Studien zum Sinn oder Unsinn einer Sperrstunde. Die Lage in Großbritannien weckt jedoch Zweifel, ob damit viel zu erreichen ist. Am 18. September wurde in Teilen Englands die Sperrstunde auf 22 Uhr gelegt. Getränke werden nur am Tisch serviert, wer aufsteht, muss eine Maske tragen. Seither versammeln Feiernde sich nach der Schließung vor den Bars und Restaurants auf den Straßen, singend, ohne Masken.
Auch die Zahlen belegen keinen positiven Effekt: Am Tag als die Sperrstunde eingeführt wurde, gab es 6208 Neuinfektionen. Am zweiten Oktoberwochenende waren es mehr als 15 000.Inzwischen haben britische Politiker, wie der Bürgermeister von Greater Manchester, Andy Burnham, gefordert, die Sperrstunde zu überdenken. Die Sorge ist groß, dass die Maßnahme mehr schadet als hilft.
Der deutsche Virologe Hendrik Streeck sagt, dass Sperrstunden und Alkoholverbote nicht viel helfen werden: Denn das Problem wird sich vermutlich nur verlagern, nach drinnen. Illegale Bars entstehen schon jetzt in Berlin, in Wohnzimmern, in Kellern. Ein Hauch von Prohibition weht durch die Stadt. Andererseits ist eine Sperrstunde ab 23 Uhr eine vergleichsweise milde Maßnahme, in Frankreich gilt ab Samstag in Metropolen eine Ausgangssperre von 21 bis 6 Uhr.
Länder wie Spanien, Belgien, Großbritannien oder Frankreich hat die zweite Welle früher getroffen als Deutschland. Dort lässt sich beobachten, was auch hierzulande droht. Der nächste Lockdown steht kurz bevor, besonders in den Großstädten schränken die Regierungen das öffentliche Leben stark ein. In Liverpool gilt die höchste Corona Alarmstufe, maximalsechs Menschen aus unterschiedlichen Haushalten dürfen sich allenfalls im Freien treffen. In Brüssel mussten Cafes und Bars schließen. In der Region Madrid, einem der schlimmsten Hotspots Europas, gilt bereits eine Ausgangssperre: Rund fünf Millionen Madrilenen dürfen ihre Viertel nur mit triftigem Grund verlassen, etwa für einen Arztbesuch oder zum Arbeiten. Die Regierung hat den Alarmzustand verhängt.
In Spanien zeigt sich, dass ein zweiter Lockdown umstrittener ist als der erste. Die konservative Regionalregierung in Madrid wehrt sich mit allen Mitteln gegen die Ausgangssperre, obwohl die Einschränkungen nicht so strikt sind wie im Frühjahr. Die Regierung des linken Premiers PedroSänchez wolle die madrilenische Wirtschaft ruinieren, sagte Regionalpräsidentin Isabel Diaz Ayuso. Ayuso lässt nun weniger testen, um die Inzidenz unter den Grenzwert von 500 Fällen pro 100000 Einwohner zu senken. So will sie der Ausgangssperre entkommen. Im Kampfgegen das Virus dürfte das nicht helfen, doch um den geht es nur noch am Rande. Ayuso instrumentalisiert die Pandemie, um sich von Premier Sänchez abzusetzen. Das Ringen um den zweiten Lockdown wird zur Zerreißprobe.
Kontrollieren
Kaum ein Mitbürger ist so unbeliebt wie der Denunziant. Er beobachtet, dann meldet er den Verstoß. Auf der Website der Stadt Essen gibt es dafür seit Mai ein Formular. Einzutragen sind Ort, Datum und Art des Verstoßes gegen die Corona-Verordnung. Beweisfotos sind willkommen. Dieses Meldeformular ist zu einem kleinen Politikum geworden, es fördere Denunziantentum, heißt es. Peter Renzel, der Stadtdirektor, sieht das anders. “Bei Verstößen gehe es um unser aller Gesundheit”, sagt er, niemand möchte einen zweiten Lockdown . Der Denunziant als Wohltäter für die Allgemeinheit.
Rund fünf Hinweise auf Verstöße gehen jeden Tag auf der Essener Website ein. Die Ordnungsämter der Städte und Kommunen sollen Hygieneauflagen und Verordnungen durchsetzen. Doch wie die Gesundheitsämter arbeiten sie seit Monaten an der Belastungsgrenze, haben aber nicht die gleiche Priorität und wurden daher nicht so stark aufgestockt. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, hatte daher kürzlich eine Idee: Ordnungsämter könnten Hilfe von privaten Sicherheitsfirmen bekommen. Vorige Woche hat Landsberg sein Vorhaben der Kanzlerin in einer Videokonferenz vorgestellt.
Details aus dem Gespräch seien vertraulich, sagt er. Aber: Generell war erkennbar, dass auch die Kanzlerin einen Fokus auf die Rolle der Ordnungsämter in der Krise für wichtig hält. Bis Anfang November soll ein Gutachten vorliegen, wie der Vorschlag umgesetzt werden könnte.
In Emsdetten in Westfalen probiert man es schon einmal aus. Für rund 3.000 Euro am Tag hat Bürgermeister Georg Moenikes einen privaten Sicherheitsdienst angeheuert, um zwei Mehrfamilienhäuser zu überwachen, in denen bulgarische Leiharbeiter wohnen. Sie arbeiten in einem Geflügelbetrieb, in dem es einen Corona-Ausbruch gab. Die Sicherheitsleute sollen darauf achten, dass sich die Bewohner an die Quarantäneregeln halten. “Wie andere Ordnungsbehörden hat auch unsere nicht genug Mitarbeiter, die das beobachten können”, sagt Moenikes. Die Sicherheitsleute hielten niemanden fest, sagt er. Aber wenn deren Beobachtungen den Anhaltspunkt ergeben, dass sich Einzelne nicht an die Quarantänehalten, rufen sie die Polizei.
Die Ordnungsämter stoßen besonders in Großstädten wie Berlin an ihre Grenzen. Wenn sie es in den Bezirken nicht mehr schaffen zu kontrollieren, ob die Regeln eingehalten werden, hilft die Berliner
Polizei aus – im Rahmen ihrer Kapazitäten, wie ein Sprecher sagt.
Laut einer internen Statistik des Berliner Präsidiums registrierten die Polizisten zwischen Samstag und Montag vergangener Woche 90 Ordnungswidrigkeiten. “Die Zahl der Ermahnungen, die es nicht in die Statistik schaffen, dürfte um ein Vielfaches höher liegen”, sagt der Sprecher.
Der Essener Stadtdirektor Renzel hat die Polizei eingespannt, um sicherzugehen, dass die neuen Maßnahmen eingehalten werden. Wer feiert, könnte künftig Besuch von den Beamten bekommen. Polizisten werden auch die 2.500 Restaurants und 500 Kioske der Stadt besuchen und auf Kontaktlisten und Maskenpflicht pochen.
Überwachungsstaat? Das falsche Wort in diesem Fall. Eine Regierung muss ihre Gesetze und Verordnungen durchsetzen können, zumal wenn es um Leben und Tod geht.
Regieren
Neue Zeiten bescheren der Öffentlichkeit neue Wörter. Zur Corona-Zeit gehört jetzt Beherbergungsverbot. Es war das Wort der Woche. Ein paar Tage lang dominierte es die Schlagzeilen, und anhand des Beherbergungsverbots lässt sich erzählen, wie derzeit Politik gemacht wird.
Ein paar Ministerpräsidenten haben eine Idee und preschen vor, darunter natürlich Markus Söder, mal wieder. Um das Reisen einzudämmen, um sich nicht die Probleme anderer Bundesländer aufzuladen, erließen sie ein Beherbergungsverbot für Urlaubsreisende aus deutschen Risikogebieten.
Baden-Württemberg erließ es sogar für Berufsreisende, weshalb einige Mitarbeiter der Deutschen Bahn vorübergehend Probleme hatten, bei einem nächtlichen Zwischenstopp im Ländle ein Hotel zu bekommen. Ein weiterer Schritt zurück in die Kleinstaaterei.
Vor dem Treffen mit der Bundeskanzlerin am Mittwoch streiten die Ministerpräsidenten heftig über das Beherbergungsverbot. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) ist dagegen, Söder wackelt, Mecklenburg Vorpommerns Landeschefin Manuela Schwesig (SPD) will unter allen Umständen dabei bleiben. Schon vor der Sitzung ist damit klar, dass sich die Politiker in dem Punkt, der für den Moment wichtig scheint, nicht werden einigen können. Kein schöner Eindruck in diesen Zeiten, da das Land besonders gut regiert werden muss. Das Treffen beginnt um 14 Uhr, gleich zu Beginn zeigt sich Schwesig wütend. Die Beschlussvorlage wurde am Vorabend nur den Kollegen der Union zugestellt, nicht den anderen. Auch eine Spaltung.
Merkel lässt Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig einen Vortrag halten. Eine knappe Stunde referiert er über den Ernst der Lage. Es sei nicht fünf vor zwölf, sondern zwölf. Ein paar Zuhörer sind genervt. Warum redet der so lange? Wozu dieser Alarmismus?
Als es schließlich um das Beherbergungsverbot geht, redet Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein Westfalen, einige Minuten lang dagegen an. Er ist insgesamt eher skeptisch gegenüber Verboten. Söder würde ihn wohl nicht zu seinem Team Umsicht und Vorsicht rechnen.
Laschet findet das Verbot auch deshalb sinnlos, weil in immer mehr Regionen der
Grenzwert gerissen wird. Wozu dann noch eine so drastische Unterscheidung und Diskriminierung? Zumal sich viele Reisende aus Risikogebieten nun testen ließen, um
vom Verbot ausgenommen zu werden. Das verbrauche Ressourcen, die besser genutzt werden könnten.
Nach seinem kleinen Vortrag kommen sofort die Gegenargumente: Das Beherbergungsverbot dürfe nicht fallen, das wäre ein Signal der Lockerung. Laschet entgegnet: Man müsse das Beherbergungsverbot doch in der Sache bewerten. Söder schweigt. Einige wundern sich. Ausgerechnet er. Schließlich spricht ihn die Kanzlerin direkt an. Was Söder denn meine? Er druckst herum, erscheint unentschieden. Er wisse schon, sagt Söder, dass das Beherbergungsverbot bei den Leuten nicht so gut ankomme. Wie etwas wirkt, ist Söder immer besonders wichtig.
Nachlängerer Diskussion wird das Thema auf die nächste Sitzung um den 8. November herum geschoben, das Ende der bayerischen Herbstferien. Erst einmal soll jeder so weitermachen, wie er will. Das enttäuscht einige Teilnehmer. Die Bürger müssten jeden Schritt der Politik nachvollziehen können, sagt ein Kabinettsmitglied, das mit am Tisch saß. Zu behaupten, man stehe kurz vor dem zweiten Lockdown und sich dann aber auf den 8. November zu vertagen, trage nicht zur Glaubwürdigkeit bei.
Sieben Stunden lang diskutiert die Runde über die verschiedenen Themen. Zwischendurch sagt die Kanzlerin, das bislang Erreichte könne Unheil nicht verhindern. Man redet weiter. Die Atmosphäre wirkt auf einen Teilnehmer sonderbar alltäglich. Manch ein Ministerpräsident verhielt sich so, als gelte es, irgendeine Tagesordnung abzuarbeiten , sagt er, so wie auf einer ganz normalen Ministerpräsidentenkonferenz. Es habe kleinteilige Einwände gegeben, aber keinen Mut, etwas Drastisches zu machen.
Ein anderer Teilnehmer registrierte quälende Diskussionen über die Uhrzeit der Sperrstunde und die Obergrenze für die Anzahl der Personen bei Feiern und anderen Zusammenkünften, die echten Probleme habe man dagegen nicht angefasst. Zum Beispiel wie man in den kommenden Wochen den öffentlichen Nahverkehr organisiere, das Reisen in Bahn und Flugzeug, den Transport von Schülern, alles potenzielle Infektionsherde, zu denen man noch keine Ideen habe. “Nicht alle haben die Brisanz der Situation verstanden”, sagt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der ebenfalls mit am Tisch saß. Ich bin enttäuscht. Es seien Kleinigkeiten für wichtiger erachtet
worden als die Gesamtsituation.
Das wesentliche Ergebnis des Treffens ist eine Ampel. Bei einem Sieben-Tage-Durchschnittswert von 35 Infizierten pro 100 000 Einwohner werden Maßnahmen wie etwa Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen verschärft, dann noch einmal ab 50 Infizierten. In Bundesländern wie Sachsen-Anhalt gilt ein Ampelsystem schon länger. Ein großer Wurf sieht anders aus.
So endet diese Runde mit einer seltsamen Diskrepanz zwischen der heftigen Krisenrhetorik und den etwas mickrigen Maßnahmen. Von Solidarität war nur wenig zu spüren. Es heißt, in der Krise zeige sich, wie gut Deutschland regiert werde, da die Zahlen besser sind als in fast allen anderen europäischen Staaten. Das stimmt grundsätzlich, heißt aber nicht, dass hier alles glattläuft. Dass Reiserückkehrer im Sommer das Virus nach Deutschland brachten, schien die Politik zu überraschen, es dauerte lange, bis Jungen und Mädchen zum Präsenzunterricht an die Schulen zurückkehren konnten, es fehlte an Masken, um nur einige Beispiele zu nennen.
Am Donnerstag wird es dann peinlich. Ein Gericht in Baden-Württemberg verbietet das Beherbergungsverbot. Der Eingriff in das Grundrecht auf Freizügigkeit sei unangemessen. In Niedersachsen urteilten Richter ähnlich. Der Rechtsstaatfunktioniert, aber die Politik ist blamiert. Sachsen kündigt an, das Verbot aufzuheben.
Viel Zeit wurde investiert, um es zu diskutieren, viele Testkapazitäten wurden verbraucht, viel Verwirrung wurde gestiftet – und alles weitgehendvergebens. Gerade jetzt brauchen die Regierenden
das Vertrauen ihrer Bürger, damit sie mitziehen. Mit dem Thema Beherbergungsverbot haben sie kein Argument für ihre Politik geliefert.
Behandeln
Was passiert, wenn alles nichts geholfen hat, das Lüften nicht, das Sperren, das Kontrollieren, wenn ein Mensch sich infiziert und die Krankheit ausbricht?
Bäuchlings liegen zwei Covid-19-Patienten in Beatmungsbetten der Station IM18 des Aachener Universitätsklinikums, der Zustand eines dritten ist etwas besser. Er wird mit High-Flow-Sauerstoff versorgt, es scheint, als werde eine Intubation nicht nötig sein. “Kein Vergleich mit der Situation, wie wir sie hier im April hatten”, sagt Christian Cornelissen, Intensivmediziner und Lungenfacharzt. “Da war die gesamte Station für Covid-19 reserviert”. Damals diente die Eingangstür als Hygieneschleuse. Jeder, der die Station betrat, musste Schutzkleidunganlegen. Das gilt nur noch für eines der Krankenzimmer. “Keiner hier wünscht sich die Zeit vom Frühjahr zurück”, sagt der Arzt.
Doch ausgeschlossen sind solche Zustände nicht. Mit Besorgnis beobachten Infektiologen, Lungenärzte und Intensivmediziner in Deutschland, wie sich die Intensivbetten wieder füllen. “Zwischenzeitlich hatten wir keinen einzigen Covid-19-Patienten”, sagt Martin Bachmann vom Asklepios-Klinikum in Hamburg-Harburg. “Jetzt waren es bis zu vier auf der Intensivstation”. Die Zahl steigt spürbar, wenn auch langsamer als bei der ersten Welle. Diesmal fühlen sich die Ärzte bessergerüstet. “Wir haben eine Menge gelernt”, sagt Cornelissen. Wir sind nicht mehr so nervös wie im Frühjahr.
Eine Wunderwaffe gegen Sars-CoV-2 haben sie noch immer nicht. Aber sie stehen nicht mehr ganz so hilflos da. Ob es gelingen wird, die zu erwartende Sterbewelle im Herbst zu bremsen? “Die Zahl der Patienten reicht noch nicht aus, um das zu beurteilen”, sagt Cornelissen, der Arzt aus Aachen. Sein Kollege Bachmann sieht die Lage so: “Vor allem verstehen wir das Krankheitsbild jetzt besser”. Die Ärzte wüssten nun, dass sie nicht nur mit dem Virus zu kämpfen haben. Covid-19 ist, vor allem im fortgeschrittenen Stadium, eine systemische Erkrankung. Nicht nur die Lunge, der ganze Körper ist betroffen.
Gefährlich wird es, wenn das Immunsystem entgleist. Dann kommt es zu Entzündungen, vor allem an den Wänden der Blutgefäße. Das wiederum provoziert, was Intensivmediziner mehr fürchten als allesandere: eine massive Gerinnungsstörung, Gerinnsel verstopfen Gefäße in vielen Organen. Als der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel Dutzende Covid-19-Opfer obduzierte, staunte er vor allem über eines: allerorten Thrombosen.Deshalb ist in vielen Kliniken die Gabe von Gerinnungshemmern zur Routine geworden. Wie gut diese wirken, ist jedoch strittig.”Wir haben das Gefühl, dass wir den Patienten damit helfen”, sagt Cornelissen. “Aber mit Gefühlen muss man in der Medizin immer sehr vorsichtig sein”. Noch fehlen Zahlen, die klare Antworten geben.
Auch Bachmann gibt seinen Patienten Gerinnungshemmer. Allerdings hegt er Zweifel an deren ausreichender Effizienz. Er versucht, in einem bestimmten Stadium der Erkrankung zusätzlich Gerinnungsfaktoren aus dem Blut der Covid-19-Kranken zu waschen. Ob das Verfahren Erfolg hat, muss sich erst noch erweisen. Das Geschehen zu verstehen, heißt nicht unbedingt, es auch kontrollieren zu können. Doch die Zuversicht steigt. Erbittert versuchen die Ärzte, das Virus zurückzudrängen und seine Folgeerscheinungen zu verhindern – auf allen Ebenen.
Anfangs richtete sich die Aufmerksamkeit besonders auf den Erreger selbst. Mediziner erprobten, zunächst vergebens, ein ganzes Sortiment antiviraler Mittel. Das HIV-Medikament Lopinavir/Ritonavir versagte, das Malariamittel Hydroxychloroquin erwies sich als Flop.Gleichwohl lohnte sich die Suche. Am Ende blieb Remdesivir übrig, eine Substanz, die im Kampf gegen Ebola entwickelt worden war. Seit Juli ist sie in der EU zugelassen und hat inzwischen einen festen Platz in der Covid-Apotheke. Die Wirkung allerdings ist begrenzt: Der Krankheitsverlauf lässt sich zwar verkürzen. Ein Nachweis, dass sich durch Remdesivir die Sterblichkeit signifikant verringert, fehlt jedoch.
Den größten Fortschritt im Kampf gegen den neuen Erreger erreichte ein altes Arzneimittel: Dexamethason ist ein Cortisonpräparat, das nicht nur wirksam ist, sondern obendrein den Vorteil hat, billig und weithin verfügbar zu sein.”Anfangs war die Skepsis groß”, sagt der Hamburger Mediziner Bachmann.
Dexamethason hemmt das Immunsystem -würde man damit angesichts einer Viruserkrankung nicht genau das Gegenteil dessen erreichen, was man erreichen will? Inzwischen ist jedoch klar, dass im fortgeschrittenen Covid-19-Stadium weniger das Virus der Feind ist als vielmehr die Abwehr des Körpers dagegen. Dexamethason kann helfen, überschießende Immunreaktionen in den Griff zu bekommen. Eine britische Studie hat gezeigt, dass sich so die Sterblichkeit bei beatmeten Intensivpatienten merklich senken lässt.
Es wird viel herumprobiert mit möglichen Covid-19-Therapien, am spektakulärsten war das Experiment am Versuchskaninchen Donald Trump. Der US-Präsident wurde mit Antikörpern der Firma Regeneron behandelt, obwohl bis heute keine Zulassung des Medikaments vorliegt. Ob seine scheinbar rasche Genesung darauf zurückzuführen ist, bleibt ungewiss. Tatsache ist: Auf die Entwicklung von Antikörpern, die gezielt an das Virus SarsC0V-2 andocken, richten sich große Hoffnungen, aber auch Befürchtungen. Laborversuche zeigen, dass solche Antikörper das Virus binden und damit möglicherweise unschädlich machen können.
Klar ist aber auch: Solche Mittel können nur wirksam sein, wenn sie in einem vergleichsweise frühen Stadium verabreicht werden. Doch wer soll sie dann bekommen? Spezifische Antikörper sind extrem teuer, und bis sie in größerer Menge verfügbar sind, wird Zeit vergehen. Während die Intensivmediziner mit den akuten Erkrankungen ringen, warnen andere Ärzte davor, die Bedrohung der Pandemie allein an der Zahl der Toten zu bemessen. Auch wenn diese in Deutschland derzeit noch gering sei – wen die Statistik als genesen führt, der ist keineswegs automatisch gesund.
“Es könnte sich herausstellen, dass ein erheblicher Teil der Covid-19-Patienten langanhaltende Nachwirkungen hat”, sagt Winfried Kern, der an der Uniklinik Freiburg eine Nachsorgeambulanz eingerichtet hat. Dann stehen wir vor einem Problem. Das Virus, so viel ist inzwischen klar, befällt nicht nur die Lunge. Es kann das Gehirn infizieren, die Nieren, das Herz, die Leber. All diese Organe könnten dauerhaften Schaden nehmen – durch das Virus selbst, die Immunantwort des Körpers oder durch die notwendige Therapie. Hinzu kommt das Risiko durch Blutgerinnsel. Mögliche Folgen: Schlaganfall, Lungenembolie, Herzinfarkt. Bei 78 von 100 untersuchten Covid-19- Patienten aus dem Raum Frankfurt am Main entdeckten Mediziner auch Wochen nach der Infektion noch Veränderungen am Herzen. Bei 60 von ihnen hatte sich der Herzmuskel entzündet. Betroffen waren nicht nur die schwersten Fälle. Ein Großteil der untersuchten Patienten war nicht einmal im Krankenhaus gewesen. Bei einer Studie in Österreich ließen sich bei mehr als der Hälfte schwer erkrankter Covid-19-Patienten noch drei Monate später Schäden an der Lunge nachweisen. Einer britischen Untersuchung zufolge klagt jeder zehnte Covid-19-Patient noch Wochen nach der Infektion über unerklärliche Beschwerden wie Erschöpfung, Kopfschmerzen und Schwindel.
“Viele Patienten erzählen, sie seien nicht mehr dieselben wie vor der Infektion”, sagt der Freiburger Infektiologe Kern. “Sie haben das Gefühl, nur schwer Luft zu bekommen, sie geraten leicht außer Atem, sie schaffen beim Sport nicht mehr dieselben Trainingseinheiten oder fühlen sich ständig erschöpft”. Wie viele betroffen seien, werde man erst in einigen Monaten wissen, wenn die ersten Daten aus unseren Erhebungen vorliegen , sagt Kern. Er schätzt, dass bei weniger als zehn Prozent aller Erkrankten langfristig Beschwerden zurückbleiben. Dieser Anteil mag gering erscheinen, doch angesichts der hohen Infektionszahlen könnten allein in Deutschland Zehntausende dauerhaft beeinträchtigt sein.
Mitmachen
Die Corona-Maßnahmen bewegen sich in einem Dreieck: Gesundheit, Wohlstand, Freiheit, alles will gegeneinander abgewogen sein. Im Frühjahr ging es vor allem um die Gesundheit, die Aspekte Wohlstand und Freiheit mussten zurücktreten. Deshalb wurde ein Lockdown verhängt.
Im Sommer, als die Zahlen sich verbesserten, standen Freiheit und Wohlstand wieder im Vordergrund. Es hätte auch wenig Akzeptanz für einen Lockdown gegeben. Für die Politik kommt es darauf an, dieses Dreieckständig auszubalancieren. Gesundheit zählt viel, aber nicht alles. Das
härteste Mittel, um sie zu schützen, ist der Lockdown, der aber am stärksten gegen die anderen Eckpunkte des Dreiecks verstößt. Deshalb ist es richtig, alles zu tun, um ihn zu verhindern. Der Statistikexperte Klimek findet die Kleinteiligkeit der neuen Regelungen gut: Die Menschen großflächig einzusperren mit Lockdowns wie im März zeigt eine kaum stärkere Wirkung als weniger einschneidende, aber dafür zielsichere Maßnahmen. Was sich bewährt, sind Mikrolockdowns. Also nichtdas Herunterfahrenganzer Länder oder Städte, sondern vielleicht nur einzelner Betriebe oder Straßenzüge.
In der Mischung der Maßnahmen liegt die Hoffnung: Testen, Verfolgen, Digitalisieren, Lüften, Maskieren, Sperren, Kontrollieren. In all diesen Bereichen muss mehr getan werden. Das gilt für die Politik, aber eben auch für die Bürger. Wenn sie nicht mitmachen, wird ein zweiter Lockdown wohl kommen, noch vor Weihnachten. Ihn zu verhindern ist das deutsche Projekt für Herbst und Winter.