Wie reagieren, wenn in der Schulklasse des Kindes positive Fälle auftreten? Wie kann man möglichst Covid-sicher Freunde treffen? Wie oft soll man sich sinnvollerweise testen lassen? DER STANDARD befragte Fachleute aus verschiedenen Disziplinen, die sich mit dem Coronavirus befassen.
Die Expertinnen und Experten
Miranda Suchomel: Sie ist Hygienikerin an der Medizinischen Universität Wien im Zentrum für Infektiologie und Immunologie.
Thomas Czypionka: Er ist Gesundheits- und Verhaltensökonom am Institut für Höhere Studien.
Barbara Prainsack: Sie ist Politikwissenschafterin an der Universität Wien. Sie führt regelmäßig Umfragen zur Covid-Lage durch.
Stefan Thurner: Er ist Physiker und Komplexitätsforscher. Sein Team des Complexity Science Hub ist Teil des Covid-Prognosekonsortiums.
Barbara Sperner-Unterweger: Sie ist Geschäftsführende Direktorin im Department für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Medizinische Psychologie an der Med-Uni Innsbruck.
Thomas Beyer: Ist Professor of Physics in Medical Imaging an der Med-Uni Wien. Gemeinsam mit Barbara Prainsack leitet er die Ringvorlesung “Gesundheit: Gesellschaft in der Krise”.
Ab April werden pro Person nur noch je fünf PCR-Tests plus fünf Antigentests gratis sein. Wie oft testen Sie sich aktuell, und in welchen Situationen werden Sie ab April Ihre Tests einsetzen?
Suchomel: Alle zwei Tage im Spital, zudem mache ich derzeit täglich einen Schnelltest. Als dreifach Geimpfte empfinde ich es als Affront, dass ich ab April im Fall eines Kontakts mit Positiven für Tests bezahlen soll.
Czypionka: Ich teste mich derzeit selten, ich bin im Homeoffice – daher nur vor Treffen oder Vor-Ort-Terminen. Auch künftig werde ich meine Tests dann verwenden, wenn ich andere Leute treffe.
Prainsack: Zwei bis maximal drei PCR-Tests in der Woche und Antigentests vor Treffen mit mehreren Personen in Innenräumen. Letzteres ist anlassbezogen; manchmal kommt es fast täglich vor, manchmal eine Woche nicht.
Thurner: Ich teste derzeit circa ein- bis zweimal in der Woche. Ich werde meine fünf PCR-Tests ab April einsetzen, bevor ich mich mit Freundinnen und Freunden treffe.
Sperner-Unterweger: Ich mache zwei- bis dreimal pro Woche einen PCR-Test. Auf jeden Fall werde ich meine Tests bei Symptomen nutzen und bei besonderen Kontakten zum Beispiel mit alten Menschen, die selbst nicht mehr auf ihren Schutz achten können.
Beyer: Täglich, weil ich im AKH arbeite. Ich gehe davon aus, dass wir auch in Zukunft weiterhin täglich testen werden. Persönlich würde ich nur noch bei Symptomen testen, unabhängig davon, ob ein Veranstaltungsbesuch ansteht oder nicht.
Wie würden Sie sich nach dem Kontakt mit einer positiv auf Covid getesteten Person verhalten? Begeben Sie sich freiwillig in Quarantäne?
Suchomel: Aktuell sind in meinem engsten Kreis tatsächlich einige positive Fälle. Ich trage daher quasi durchgehend FFP2-Maske, habe die Fenster offen, halte Abstand und schlafe separiert.
Czypionka: Ich hatte noch keinen Kontakt mit einer Covid-positiven Person, würde mich aber in diesem Fall testen und auf Basis des Ergebnisses entscheiden.
Prainsack: Das hängt von der Länge und der Art des Kontakts ab.
Thurner: Ja, sicher.
Sperner-Unterweger: Nein. Ich bin dreimal geimpft, in der Klinik trage ich im Kontakt mit anderen Personen immer FFP2-Maske, halte Abstand und natürlich die Hygienebestimmungen ein. Covid-Kontakte – mit allen beschriebenen Schutzmaßnahmen – sind im Klinikalltag, aber zunehmend öfter auch im privaten Bereich nicht mehr zu vermeiden, und solange keine Krankheitssymptome vorliegen, ist das Gesundheitspersonal weiter tätig. Die behördlich angeordneten quarantänebedingten Ausfälle sind ohnehin schon sehr hoch.
Beyer: Wie ein K2.
Wann wäre für Sie ein Marker (etwa Neuinfektionen, Normal- oder Intensivstationen) überschritten, sodass Sie zu Verschärfungen raten würden?
Suchomel: Ich hätte gar nicht alle Maßnahmen gleichzeitig über Bord geworfen. Die Überlastung diverser Stationen ist natürlich ein Marker, aber uns gehen ob der vielen Quarantänefälle ganz allgemein die Menschen aus.
Czypionka: Wir hätten manche Maßnahmen – wie Masken in Innenräumen – gar nicht erst aufheben sollen. Es fehlt zunehmend Spitalspersonal, und die Bettenbelegung steigt.
Prainsack: Es ist interessant, dass man so häufig nach Markern für Verschärfungen fragt, aber ohne jegliche “Marker” gelockert hat.
Thurner: Warnung des Prognosekonsortiums bei Normalstationen oder Intensivstationen unter Berücksichtigung anderer relevanter Faktoren wie Hospitalisierungen, Virulenz, Varianten …
Sperner-Unterweger: Mittlerweile muss man die Grenzen der Belastbarkeit und auch die Verfügbarkeit des Krankenhauspersonals wirklich als kritischen Marker im Auge behalten. Aus meiner Sicht ist das leider kein kurzfristig lösbares Problem mehr. Ich hoffe nicht, dass die Intensivstationen auch noch zum Marker werden.
Beyer: Neuinfektion sind für mich keine Maßgabe. Ich würde auf die Krankenhausbelegung schauen und dann einschreiten, wenn nicht Covid-bezogene medizinische Betreuung eingeschränkt wird, etwa längere Wartezeiten für OPs.
Welche Maßnahmen wären das in einem ersten Schritt?
Suchomel: Ich fürchte, dass nach dem ganzen Vor und Zurück jede Empfehlung nicht mehr wirklich ernst genommen wird. Ich setze auf Eigenverantwortung und erinnere ans gründliche Händewaschen – das schadet nie.
Czypionka: Masken wirken bei Omikron besonders gut, sie sind ein wichtiges Instrument zur Infektionsvermeidung. Das gilt auch für die Schulen. Distanz wahren ist eine gute Idee, Tests vor Situationen mit gesteigertem Risiko.