Peter Klimek: Wir werden die Herausforderungen der Pandemie in den Griff bekommen

 

 

Der Komplexitätsforscher Peter Klimek über das Ende der Pandemie, den nächsten Peak und den Sinn von Tests.

 

 

von Ute Brühl

 

58.583 Corona-Infektionen wurden am Mittwoch gemeldet. Und es werden in den kommenden Tage  wohl noch mehr. Geht das immer so weiter? Und wann endet diese Pandemie jemals?

 

 

 

Für den Komplexitätsforscher Peter Klimek ist die Pandemie jedenfalls erst dann vorbei, „wenn wir das, was wir tun müssen, um die Infektionen einzudämmen, von den Menschen nicht mehr als außergewöhnliche Belastung betrachtet wird.“ Und das kann noch dauern.

 

Denn die nächste Welle kommt bestimmt. „Spätestens im Herbst, wenn die Temperaturen wieder sinken, werden wir wahrscheinlich wieder steigende Zahlen registrieren“, sagt Klimek. Dann werde allerdings die Frage sein, welche Dimension die neue Variante zu diesem Zeitpunkt haben wird. „Ist sie mit Omikron vergleichbar, dann ist ein Spitalskollaps wenig wahrscheinlich.“ Doch sicher ist das nicht.

 

 

Spitäler am Limit

 

 

Außerdem sind die Spitäler bereits jetzt an ihren Kapazitätsgrenzen angelegt, auch weil viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfallen. Deshalb mahnt der Komplexitätsforscher: „Wir müssen uns langfristig überlegen, wie wir das Gesundheitswesen aufstellen. Da gibt es viele Fragen: Wie gehen wir mit diesem Mehr an Belastung um? Welche Kapazitäten brauchen wir? Wir werden lernen müssen, mit vielen Herausforderungen umzugehen – auch angesichts der immer geringer werdenden Kapazitäten.“

 

 

Klimek ist allerdings zuversichtlich, dass wir die Herausforderungen der Pandemie in den Griff bekommen werden: „Wir hoffen auf die Immunisierungen durch Impfungen und auf die antiviralen Therapien. Daneben wird es manche Verhaltensmaßnahmen weiter benötigen, um insbesondere die vulnerablen Gruppen zu schützen.“

 

 

Doch bevor man über das Ende der Pandemie nachdenkt, muss man erst einmal diese Welle in den Griff bekommen – da gab es am Mittwoch einen Höchststand. „Wir werden in den kommenden Tagen noch einen moderaten Anstieg erleben“, prognostiziert Klimek. „Aber weil die Zahlen jetzt schon sehr hoch sind, bedeutet auch ein kleines Wachstum viele Infektionen in absoluten Zahlen.“

 

 

Höhepunkt noch diesen Monat erreicht

 

 

Immerhin hat Peter Klimek hat auch eine gute Nachricht: „Wir sehen, dass sich die Geschwindigkeit des Anstiegs abzubremsen beginnt.“ Er erwartet, dass der Höhepunkt der BA2-Omikron-Welle noch in diesem Monat überschritten sein wird – „so lange man nicht das Virus anfacht, indem man noch mehr Maßnahmen zurück schraubt“, schränkt er ein.

 

 

Eine Entspannung erwartet der Forscher dann im  April. Was macht ihn da so sicher? „Wir haben bisher mehrere Omikron-Wellen gehabt – zuerst die BA1-Omikron-Variante, danach BA 1.1., jetzt BA 2. Jetzt sehen wir aber keine neue Variante. Deshalb gehen wir nicht davon aus, dass eine neue Welle unmittelbar auf uns zukommt. Zudem sollte sich die Lage durch eine große Anzahl von Genesenen und durch die wärmeren Temperaturen entspannen.“

 

Weniger Tests

 

 

Allerdings wird es im April nicht mehr möglich sein, sich so oft  testen zu lassen. Doch bringen die Tests angesichts der hohen Zahlen überhaupt noch etwas?

 

Klimek räumt ein, dass die Tests derzeit  nur einen  sehr geringen Einfluss auf das Pandemiegeschehen haben. „Das ist den Eigenschaften der Omikronvariante geschuldet. Die Spanne zwischen den Zeitpunkten, ab denen das Virus nachgewiesen werden kann und bis man beginnt ansteckend zu werden – da ist die kritische Zeitspanne – beträgt maximal noch ein bis zwei Tage. Wenn dann gleichzeitig noch viele Tests gepoolt werden und dadurch nicht so sensitiv sind, bremst das Testen die Welle eher nicht.“

 

In den Schulen könnte man die Zahlen nur drücken, wenn man täglich testet und gleichzeitig Maßnahmen wie Maskentragen und häufiges Lüften umsetzt. „Doch so viele Testungen würden viele Regionen überfordern“, meint Klimek.

 

Gezielter testen

 

 

Für die Zukunft schlägt er vor, dass man die Testungen auf Einrichtungen wie Altenheime und Spitäler beschränkt. Auch Menschen mit Symptomen sollten weiterhin getestet werden.
Die Limitierung der Tests hält er derzeit dennoch für keine gute Idee: „Das würde ich lieber von der dynamischer Entwicklung abhängig machen, also wenn der R-Wert über einen längeren Zeitraum deutlich unter 1 sinkt. Dann hat man nämlich den Spielraum, auch weitere Maßnahmen zurückzunehmen. Und wenn die Zahlen sinken, bringen Tests sowieso immer weniger: Denn dann sinkt die Chance, dass man noch jemanden Asymptomatischen findet.“

 

Sind die Zahlen wirklich gering, gebe es dann bessere Methoden, um einen Überblick über das Infektionengeschehen zu  gewinnen, etwa das Abwasserscreening.