Von Martina Marx
Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen, heißt es. Prognosen in Bezug auf die Corona-Pandemie sind nicht nur schwierig. Sie sind aufgrund von Variablen wie Impfstoffknappheit, Mutationen sowie ständig wechselnder Maßnahmen fast unmöglich. Aussagen wie „Jeder wird jemanden kennen, der an Corona verstorben ist“ blieben in Erinnerung. Zwischenzeitlich sahen wir das „Licht am Ende des Tunnels“. Schließlich waren die „nächsten Wochen entscheidend“.
Diese sind auch aktuell wesentlich. Die dritte Welle ist unbestritten, wie mächtig sich der Wellenkamm schlussendlich in die Höhe erheben wird, ist noch ungewiss. Und hängt von den Maßnahmen ab, die ergriffen werden, sowie vom Fortschritt der Impfkampagne.
1 Ist zu Pfingsten alles wieder normal? Nach Ostern ist Pfingsten das nächste Sehnsuchtsdatum. Was muss passieren, um die Lage so weit zu entspannen, dass an Lockerungen bzw. Öffnungsschritte zu denken ist? Statistiker Erich Neuwirth hält es für realistisch, dass am Ostersonntag 5000 Neuinfektionen verzeichnet werden. Eine Entspannung der Infektionslage nach Pfingsten hält Komplexitätsforscher Peter Klimek (Complexity Science Hub Vienna) für machbar: „Aber nur, wenn so schnell wie möglich konsequente Maßnahmen gesetzt werden, auch regional.“ Am Beispiel Vorarlberg, verstärkt durch die Abschottung Tirols, habe man gesehen, dass „Abriegelungen einzelner Regionen bzw. Orte etwas bringen“. Mit Freunden essen gehen, große Familienfeiern begehen, diese Träume werden sich um Pfingsten herum nicht erfüllen. „Das oberste Ziel, das wir aktuell haben, ist, das Gesundheitssystem zu entlasten“, so Klimek. Die britische Variante B.1.1.7 belastet die Intensivstationen über Gebühr, denn die Variante ist ansteckender, sie sorgt auch häufiger und schneller für schwere Verläufe. Die Folge: eine Situation wie im vorigen Herbst bei niedrigeren Fallzahlen. „Das Zeitfenster, eine Triagesituation zu verhindern, schließt sich langsam, aber sicher.“ Machbar sei, so Klimek, bis Pfingsten die Kontrolle über die Krankheit zurückzuerlangen. Aber nur dann, wenn die Impfkampagne funktioniert wie geplant und die Teststrategie, vor allem in den Schulen, greift. Wenn die Zahl der Neuinfektionen sowie der Intensivpatienten zurückgeht, gibt es einen Spielraum für Öffnungen. Im Hinblick auf Pfingsten ist das wahrscheinlichste Szenario also: Lockerungen, wo möglich, Verschärfungen, wo notwendig. Ein normaler Alltag ist bis Mitte Mai aber unrealistisch.
2 Was ist mit dem Sommerurlaub? Ein Urlaub außerhalb Österreichs wird wohl auch mit der Impfung in Zusammenhang stehen, der Grüne Pass mit Erleichterungen für Geimpfte bzw. Genesene wird seit Wochen diskutiert. Die emotionale Diskussion zu diesem Thema kann Klimek nicht nachvollziehen: „Impfungen, wenn man in Gebiete reist, in denen Infektionskrankheiten vorkommen, kennen wir auch vom Thailand-Urlaub.“ Und: „Das optimistischste Szenario ist, dass wir im Sommer wieder so etwas wie Normalität erlangen. Aber nur, wenn wir es schaffen, das Virus unter Kontrolle zu bringen, und mit dem Impfen vorankommen.“
3 Haben wir es im Herbst hinter uns? Mit Ende des Sommers wird die Pandemie nicht enden. Denn Varianten bzw. Mutationen sind unkalkulierbare Variablen. Es gilt, diese rasch zu erkennen und einzudämmen. Passiert dies nicht, können sich Varianten entwickeln, die das Immunsystem zur Gänze umgehen, „müssten wir andere, dystopischere Szenarien zeichnen. Aus Erfahrungen wisse man, dass eine Pandemie mit einem respiratorischen Virus eineinhalb bis zwei Jahre dauert. Was auch der Virologe Florian Krammer unterstreicht. Allein das Ausmaß, mit dem diese unser Leben bestimmt, wird sich verringern. „Wir werden unser Leben nicht von einem Tag auf den anderen zurückbekommen, aber wir werden eines Tages feststellen, dass sich alles fast wie früher anfühlt“, sagt Klimek Speziell dann, wenn das Durchimpfen der Bevölkerung bis Herbst so weit ist wie geplant.