Deutlich mehr Infektionen und Intensivpatienten als vor einem Jahr

 

WIEN. Die vierte Corona-Infektionswelle ist deutlich früher gestartet als die dritte Welle im vorigen Sommer. Epidemiologen erwarten dennoch keine neuen Lockdowns.

Laut Zahlen der AGES lag die Sieben-Tage-Inzidenz drei Wochen vor dem Schulstart im Vorjahr nur bei zehn Infektionen pro 100.000 Einwohnern, heuer sind es schon 51. Auch die Zahl der schweren Verläufe ist deutlich höher: Am Mittwoch lagen 51 Patientinnen und Patienten mit einer Corona-Infektion auf einer Intensivstation, ein Jahr zuvor waren es nur halb so viele (25).

 

Eine ähnlich hohe Sieben-Tages-Inzidenz wie derzeit gab es voriges Jahr erst am 15. September – also mehr als eine Woche nach dem Schulstart in Westösterreich. Auch damals grassierte das Virus unter den Jüngeren deutlich stärker als unter der älteren Bevölkerung. Am stärksten betroffen waren mit einer Inzidenz von knapp 122 die 15- bis 24-Jährigen. Auch heuer verzeichnet diese Altersgruppe die meisten Infektionen (mit einer Inzidenz von 143 pro 100.000 Einwohner). Allerdings ist die Inzidenz unter den älteren Semestern durch die dort weiter verbreitete Schutzimpfung heuer deutlich geringer als Mitte September des Vorjahres, als die Gesamtzahl der Infektionen über alle Altersgruppen hinweg in etwa auf dem aktuellen Niveau lag.

 

Epidemiologen: Keine großflächigen Schließungen

 

Abzuwarten bleibt, wie rasch und wie weit die Infektionen und die schweren Verläufe nun ansteigen werden. Die vom Covid-Prognose-Konsortium für kommende Woche erwartete Zahl von 740 Neuinfektionen pro Tag ist jedenfalls bereits diese Woche deutlich überschritten worden. Die Zahl der Intensivpatienten soll dieser Prognose zufolge bis 25. August auf 56 bis 97 ansteigen. Der Epidemiologe Gerald Gartlehner hat am Donnerstag bereits davor hingewiesen, dass die vierte Infektionswelle vor allem die Ungeimpften treffen werde.

Er hält ebenso wie der Komplexitätsforscher Peter Klimek eine Überlastung der Intensivstationen für sehr unwahrscheinlich. Großflächige Schließungen werden im Herbst nicht erforderlich sein, sagten die Experten. Dem schloss sich auch Impfstoffexperte Florian Krammer an.

 

In der “ZiB2” schränkte er am Abend allerdings ein, dass die Delta-Variante schon “einiges auf den Kopf gestellt” habe und Vorhersagen momentan schwierig seien. Allerdings helfe es schon sehr, dass ein großer Teil der Bevölkerung im Gegensatz zum Vorjahr schon geimpft sei. Krammer geht aber davon aus, dass im Herbst auch vermehrte Infektionen unter Geimpften auftreten werden, wenngleich diese einen milderen Verlauf haben. Zurückhaltend gab sich der Experte bezüglich der diskutierten Auffrischungsimpfungen. Ein dritter Stich sei für Menschen mit Immunschwäche wichtig und man könnte ihn auch für ältere Menschen überlegen. Er würde ihn aber jetzt nicht pauschal allen gesunden Erwachsenen verabreichen. Man solle stattdessen auf die noch gar nicht Geimpften fokussieren.

 

Video: Epidemiologen halten einen erneuten Lockdown trotz steigender Infektionszahlen für unwahrscheinlich