Warnungen vor zu frühem Ende der Maskenpflicht im Handel und in Öffis
WIEN. Das Gesundheitsministerium will den Zugang zu PCR-Tests weiter erleichtern
Die Ankündigung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (VP), dass ab 22. Juli die Masken im Handel und in öffentlichen Verkehrsmitteln fallen könnten, wurde von Politik und Experten mit Skepsis aufgenommen.
“Wir sind von einem hohen Prozentsatz an Geimpften noch weit entfernt. Es ist daher nicht sinnvoll, voreilig alle Begleitmaßnahmen über Bord zu werfen”, warnt der Vorstand für Lungenheilkunde am Linzer Kepler-Uniklinikum, Bernd Lamprecht, im Gespräch mit den OÖN. “Denn sonst könnte es sein, dass die Maskenpause nur eine sehr kurze sein wird.”
Aktuell sind 28 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, die Hälfte hat einen Erststich erhalten. Derzeit geht man davon aus, dass erst bei einer Immunisierung von 80 Prozent der Bevölkerung Corona überwunden werden kann. Lamprecht will ohnehin erst dann von einem Ende der Pandemie sprechen, wenn ein ganzes Jahr hindurch keine Maßnahmen zur Eindämmung nötig waren.
“Wenn man so wie derzeit sehr niedrige Corona-Zahlen hat, ist der Nutzen des Maskentragens überschaubar”, sagte Komplexitätsforscher Peter Klimek. Doch auch er warnte vor einer Dynamik, die spätestens im Herbst zu einem neuerlichen Anstieg der Zahlen führen dürfte. Grund dafür ist die um 60 Prozent infektiösere Delta-Variante. In Österreich gibt es derzeit noch wenige Fälle, aber das kann sich rasch ändern: In der Vorwoche wurden 71 Fälle festgestellt, 32 in Wien, einer in Oberösterreich. Klimek kann sich deshalb regional unterschiedliche Maßnahmen vorstellen. Wien sei aufgrund seiner Bevölkerungsdichte stärker betroffen als andere Bundesländer, sagte er.
In Wien wartet man derzeit noch ab, ob man die Lockerungen, die ab 1. Juli erlaubt sind (mehr Teilnehmer bei Veranstaltungen, Öffnung der Nachtgastronomie, Verzicht auf Masken dort, wo die 3-G-Regel gilt) auch umsetzen wird. Er wolle vermeiden, dass eine Situation wie im Vorjahr entstehe, wo im Herbst viele Lockerungen wieder zurückgenommen werden mussten, sagte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SP). Er setzte auch einen Seitenhieb Richtung Kurz: Die Landeshauptleute würden immer nur bei restriktiven Maßnahmen, nicht aber bei den Lockerungen eingebunden.
Auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SP) will abwarten, ob er alle Lockerungsschritte umsetzen wird. SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner sprach sich dafür aus, den Mund-Nasen-Schutz in Supermärkten und im öffentlichen Verkehr beizubehalten.
Aus Oberösterreich erhielt Kurz hingegen Unterstützung. Für Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) sind Lockerungen bei der Maskenpflicht vertretbar, die Bevölkerung sei so diszipliniert, dass man allmählich zur Normalität zurückkehren könne.
Abwartend zeigte sich gestern Chief Medical Officer Katharina Reich. Masken zu tragen, sei eine sehr einfache und effiziente Methode, sich zu schützen, sagte sie. In Wien sind seit längerem PCR-Gurgeltests im Einsatz. Reich kündigte an, diese niederschwelligen PCR-Tests auf Österreich auszuweiten.