Contact Tracing noch eher halbherzig durchgeführt
Ö1 | Mittagsjournal | 01.03.2021 | 12:07 Uhr
In Österreich wird viel getestet – und die vielen Tests sollten doch Lockerungen erlauben, meinen
Befürworter*innen rascher Öffnungen. Wenn man viele Infizierte finde, könnten die anderen dann
möglichst unbehelligt leben. Das stimmt aber nur, wenn man die Infizierten und auch deren
Kontaktpersonen sofort isoliert. 70 bis 80 Prozent der Fälle könne man mit Contact Tracing
nachvollziehen, heißt es aus den Bundesländern. Diese stecken sich nämlich zuhause an – die
entscheidende Frage, wie die Infektion in die Familie hineinkommt, kann man aber fast nie
beantworten. Das Contact Tracing wurde bislang eher halbherzig durchgeführt, wie am Beispiel Tirol
ersichtlich: Dort wurde nach dem Eintreffen der Südafrika-Variante das Contact Tracing
hochgefahren – ein Zeichen dafür, dass man österreichweit wohl noch Ressourcen freihätte, die aber
offenbar nicht genutzt wurden, sagt der Komplexitätsforscher Peter Klimek von der Medizin-Uni Wien.
Auch Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien hält die Kontaktnachverfolgung für eine der
wesentlichen Maßnahmen. Regionale Lockerungen hält er für denkbar, man müsse aber in
Mobilitätsräumen denken. Wenn in einem Bezirk Lokale geöffnet haben, im anderen jedoch nicht,
werden die Menschen dorthin ausweichen, wo offen ist, was die Bemühungen konterkarieren würde.
Die Diskussion um AstraZeneca und dass sich viele mit dem Serum nicht impfen lassen wollen, hält
Czypionka für ein Luxusproblem. Jeder Impfstoff wäre besser als keiner.
O-Ton: Peter Klimek (Komplexitätsforscher, MedUni Wien), Thomas Czypionka (Arzt, Ökonom,
Leiter des Bereichs Gesundheit, IHS / über Skype)