„Nicht das Jahr für Silvesterpartys“

 

 

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat die nun doch strengeren Regeln zu Silvester verteidigt und verweist dabei auf eine klare Empfehlung der CoV-Experten. „Das ist leider nicht das Jahr für Silvesterpartys – leider“, so Kogler gegenüber der APA. Für Weihnachten habe man sich hingegen einen gewissen Spielraum erarbeitet, deshalb seien Feiern im kleinen Rahmen möglich, und das sei auch „gut so“.

 

 

Laut Prognosen könnte die Welle der Omikron-Variante bereits in der ersten Jänner-Woche über Österreich hereinbrechen. Die Experten der neuen gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (GECKO) wiesen eindeutig darauf hin, dass die neue Variante Omikron sich auch in Österreich zu verbreiten beginne, so Kogler. Darum sei Vorsicht geboten.

 

Die Prognosen seien noch nicht sehr durchsichtig, es sei noch vieles „im Nebel“, deshalb müsse man „auf Sicht fahren“. Es gehe auch um die Signalwirkung, dass man auf die Bremse gestiegen sei. Es sei die klare Empfehlung der Expertinnen und Experten gewesen, zu Silvester nicht die Gefahr zu eröffnen, auch „quasi offiziell legitimiert Superspreader-Events“ zuzulassen.

Vorsicht auch bei Weihnachtsfeiern eingemahnt

 

 

Die Regelungen für Weihnachten seien gleich geblieben, so Kogler, „und das ist, denke ich, gut so“. Man habe sich durch die strengen Maßnahmen im November und Dezember einen gewissen Spielraum erarbeitet, verwies Kogler auf den Lockdown.

 

 

Zumindest im kleinen oder mittleren Rahmen seien deshalb Weihnachtsfeiern möglich. Es solle aber „vorsichtig zugehen“, und man appelliere an alle, sich testen zu lassen. „Das sind Regelungen mit Sitz im Leben. Wir wollen ja den Familien Weihnachten ermöglichen.“

Mückstein zur Verschärfung der CoV-Maßnahmen

Ö1 Morgenjournal

 

 

Auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) verteidigte das Vorgehen der Regierung. „Wir können nicht sehenden Auges in die Omikron-Welle hineingehen und keine Maßnahmen setzen“, sagte Mückstein am Donnerstag im Ö1-„Morgenjournal“. Die neue Virusvariante könne nicht mehr aufgehalten, wohl aber ihre Verbreitung verlangsamt werden.

GECKO: Silvester nur im kleinen Kreis feiern

 

 

Die Regierung wollte zunächst auch Silvesterpartys in Lokalen erlauben und dafür ausnahmsweise die CoV-Sperrstunde aufheben. Am Mittwoch wurde nun zurückgerudert, die Sperrstunde in der Gastronomie wird ab 27. Dezember sogar auf 22.00 Uhr vorverlegt. Das gilt auch zu Silvester – und zwar nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in allen Tourismusbetrieben sowie für Events und Veranstaltungen in der Kultur.

 

 

Ein Ausweichen auf Hotelbars oder -restaurants wird somit ausgeschlossen, und auch Galas oder Ähnliches müssen spätestens um 22.00 Uhr enden. Auch rät GECKO von Silvesterfeiern grundsätzlich ab. Man solle sich möglichst nur in kleinem Kreis treffen – und das mit vorherigem Test.

Rendi-Wagner: Schützen wir uns, so gut es geht

 

 

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner rief am Donnerstag in einem Facebook-Video dazu auf, auch zu den Weihnachtsfeiertagen nicht nur die Schutzmaßnahmen weiterhin einzuhalten, sondern auch das Impf- und Testangebot zu nutzen. „Schützen wir uns, so gut es geht. Machen wir alle – egal ob geimpft oder ungeimpft – vor Treffen einen Corona-Test.“ Sie verstehe jeden, der von CoV, von der Pandemie und von Mutationen gerade jetzt nichts mehr hören wolle. „Doch es gibt mit Omikron eine neue Mutation, die sich rasend schnell verbreitet und auch vor Österreich nicht Halt macht“, sagte sie.

 

 

„Leider ist es noch nicht vorbei. Das würden wir uns alle nach 21 schwierigen Monaten wünschen“, so die SPÖ-Chefin. Daher sei auch heuer „nicht die Zeit für Partys und große Feiern“. Sie danke allen, die einen Beitrag leisten – vor allem auch jenen Menschen, die in der Pandemie „am Spitalsbett, im Rettungsauto, in den Impfstraßen, aber auch in all jenen Bereichen, die während der Lockdowns unsere Versorgung sichergestellt haben“, tätig sind.

FPÖ: Schnapsidee der Sonderklasse

 

 

Kritik an der auf 22.00 Uhr vorgezogenen Silvestersperrstunde kommt von der FPÖ. Niederösterreichs Parteichef Udo Landbauer sprach am Donnerstag von einer „Schnapsidee der Sonderklasse“. Gleich die erste Maßnahme der GECKO-Kommission sei „völlig in die Hose gegangen“. Damit werde einzig erreicht, dass niemand die Gastronomie frequentieren, sondern in den privaten Bereich ausweichen werde, sagte Landbauer in einer Aussendung: „Das ist in höchstem Maße kontraproduktiv. Oder glauben die Experten tatsächlich, dass alle privaten Feiern abgesagt werden?“

Fünfte Welle mit Anfang Jänner erwartet

 

 

Nach Silvester könnte sich die Situation laut Prognose rasch verschlechtern. Die Omikron-Variante des Coronavirus könnte bereits in der ersten Jänner-Woche Österreich voll erfassen und als dann fünfte Coronavirus-Welle mit 15.000 Neuinfektionen pro Tag übers Land schwappen. Diese Aussichten hat das CoV-Prognosekonsortium am Mittwochnachmittag als ein mögliches, aufgrund der Datenlage realistisches Szenario veröffentlicht.

 

 

Das Konsortium befürchtet, dass die bevorstehende Welle „besorgniserregend“ verlaufen wird. Im Verlauf des Jänners ist mit einem „deutlichen“ Übertreffen des bisherigen Höchststands an Neuinfektionen – dieser wurde am 19. November mit 15.809 Fällen binnen 24 Stunden erreicht – zu rechnen.

Wie berechnet wurde

 

 

Unter pessimistischen Annahmen „kann das auch schon Anfang Jänner der Fall sein“, sagte dazu der am „Policy Brief“ des Prognosekonsortiums beteiligte Komplexitätsforscher Peter Klimek im APA-Interview – „optimistischerer Annahmen“ zufolge Ende Jänner oder Anfang Februar. Den Berechnungen des Prognosekonsortiums liegt die Annahme zugrunde, dass Omikron sich doppelt bis dreimal so schnell ausbreitet wie die Delta-Variante und eine effektive Reproduktionszahl zwischen 1,5 und 2,4 aufweist.

 

 

Gestützt werde das auch von den bisherigen Zahlen in Österreich, wo die Virusvariante erstmals Ende November nachgewiesen wurde und sich seither rasant häuft. Ein langsameres Wachstum der Omikron-Variante sei bisher auch „nicht mit den beobachteten Verläufen der Infektionskurve in Ländern zu vereinbaren, die bereits eine höhere Omikron-Prävalenz aufweisen“.

„Hohe Wahrscheinlichkeit“

 

 

„Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Omikron-Variante binnen kurzer Zeit Dominanz im österreichischen Infektionsgeschehen erlangen und zu einer hohen Infektionswelle führen, die erhebliche Implikationen des gesellschaftlichen Lebens sowie erneut eine außerordentliche Belastung des Gesundheitssystems mit sich bringen kann“, heißt es in der neuen Prognose des Gremiums.

 

 

Bei nach wie vor beträchtlicher Auslastung der Intensiv- und Normalstationen mit Covid-19-Patientinnen und -Patienten in den Spitälern reduziere sich der Belag zu langsam, „um neuerliche starke Zugänge ohne Versorgungseinschränkungen bewerkstelligen zu können“. Im Worst Case ist ebenso mit erheblichen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen und Produktivitätsausfällen zu rechnen.

Klare Empfehlung

 

 

Als „unmittelbare Handlungsoptionen“ werden rasch zur Anwendung kommende kontaktreduzierende Maßnahmen, verstärktes PCR-Testen sowohl für ungeimpfte wie auch geimpfte Personen, eine FFP2-Maskenpflicht in allen relevanten Settings sowie verstärktes Contact-Tracing „so lange wie möglich“ empfohlen.

 

 

„Aufgrund der bisher verfügbaren wissenschaftlichen Literatur stellt darüber hinaus die Beschleunigung der (Booster-)Impfungen die effektivste Maßnahme zur Bekämpfung der potenziellen Omikron-Welle dar“, richtet das Konsortium einmal mehr einen Impfappell an die Bevölkerung.

Verweis auf kritische Infrastruktur

 

 

Bei rasant wachsenden Fallzahlen ist jedoch zu erwarten, „dass das aktuell implementierte Test- und Meldesystem an seine Grenzen stoßen wird“. Damit wäre es zunehmend schwierig, die epidemiologische Lage zu beurteilen und entsprechende Prognosen für die Fallentwicklung und die Spitalsbelegung anzustellen. Aus diesem Grund sei es dem Prognosekonsortium zufolge auch notwendig, „skalierbare Surveillance-Systeme zu etablieren, die mit steigenden oder sinkenden Fallzahlen korrespondieren und beim Auftreten neuer Virusvarianten rasch repräsentativ ausgerollt werden können“.

 

 

Da hohe Fallzahlen zu entsprechend hohen Quarantänezahlen führen, besteht dem die Politik beratenden Gremium zufolge „ein potenzielles Risiko für die Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur“. Vor diesem Hintergrund könnte eine Änderung des Quarantänekonzepts „ab einem gewissen Fallzahlniveau erforderlich sein“.

Hoffen auf „reduzierte Hospitalisierungsrate“

 

 

Konkret ist bei einer angenommenen effektiven Reproduktionszahl von zumindest 1,97 und der Voraussetzung, dass zehn bis 20 Prozent aller Infektionen mit SARS-CoV-2 auf die Omikron-Variante zurückgehen, schon in der ersten Jänner-Woche hierzulande mit mehr als 15.000 neuen CoV-Fällen pro Tag zu rechnen.

 

 

Inwiefern Omikron zu schweren Verläufen und Spitalsaufenthalten führt, kann dem Konsortium zufolge nicht seriös eingeschätzt werden. „Es ist plausibel, dass eine bereits durchgemachte Infektion bzw. eine doppelte Impfung zu einem gewissen Grad auch vor schweren Verläufen schützt“, heißt es in der aktuellen Expertise.

 

 

Berücksichtigt man die Tatsachen, dass inzwischen 70 Prozent der Gesamtbevölkerung ein aktives Impfzertifikat haben und etliche eine Infektion hinter sich bzw. eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht haben, „ist zumindest für die Omikron-Variante eine reduzierte Hospitalisierungsrate zu erwarten“, so das Gremium.

Größere Dunkelziffer über Feiertage

 

 

In seiner aktuellen Vorschau geht das Prognosekonsortium zunächst noch von einem möglichen kurzfristigen Rückgang der CoV-Fallzahlen aus. Für 29. Dezember werden österreichweit zwischen 2.215 und 3.648 tägliche Neuinfektionen prognostiziert. Zum Vergleich: Aktuell liegt diese Zahl (Stand: Mittwoch 9.00 Uhr) bei 2.781.

 

Die 7-Tage-Inzidenz sollte in einer Woche zwischen 174 und 286 Fällen je 100.000 Einwohner zu liegen kommen, gegenwärtig hält man bei 189,7. Mit den höchsten Inzidenzen ist vor dem Jahreswechsel in den westlichsten Bundesländern zu rechnen – in Salzburg und Tirol wird sie sich jeweils zwischen 250 und 420 einpendeln, in Vorarlberg zwischen 340 und 565. Am anderen Ende der Skala liegt dann das Burgenland mit einer Inzidenz zwischen 100 und 170.

 

 

Aufgrund des erwarteten Rückgangs der Testungen über die Weihnachtsfeiertage ist aber grundsätzlich von einer größeren Dunkelziffer auszugehen, was vor allem in den Bundesländern schlagend wird, die ihre Infrastruktur – wenn auch nur vorübergehend – zurückfahren.

Erhebliche Unsicherheiten

 

 

Was die Lage in den Spitälern betrifft, nehmen die Experten vorerst einen weiteren Rückgang der CoV-Patientinnen und -Patienten auf den Intensiv- und Normalstationen an. „Dies erfolgt jedoch nach wie vor auf teilweise systemkritisch hohem Auslastungsniveau.“

 

 

In Vorarlberg beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass in der kommenden Woche die 33-prozentige Auslastungsgrenze der Intensivstationen überschritten wird, immerhin 30 Prozent. Allerdings sind die Rechenmodelle diesmal mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Problematisch ist die nach wie vor unbekannte Virulenz der Omikron-Variante, weshalb Auswirkungen auf den Spitalsbelag derzeit kaum abschätzbar sind.

Auf 2,1 geschätzter R-Wert

 

 

Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und das Institut für Infektionsepidemiologie & Surveillance schätzen, dass die Prävalenz der Omikron-Variante in der Vorwoche in Österreich bei rund fünf Prozent gelegen hat. Fehlende Beobachtungsdaten zu den Charakteristika und der Prävalenz von Omikron haben die Prognose des Konsortiums erschwert.

 

 

Aufgrund der jüngst beobachteten Wachstumsraten der Omikron-Variante, bei der sich die Fallzahlen alle zwei bis vier Tage verdoppeln, dürfte die effektive Reproduktionszahl deutlich höher liegen als bei der Delta-Variante, deren Wert zuletzt unter 1 lag. Das Prognosekonsortium schätzt sie bei Omikron derzeit auf 2,1. Das hieße, dass jede Infektion mit dem Virus im Schnitt 2,1 Ansteckungen zur Folge hat.

„Nichts davon ist gut“

 

 

Auch Klimek verwies auf die in Bezug auf Omikron weiter offenen Fragen. Man habe bei der Prognose für Anfang 2022 angenommen, dass die neue Variante einen zwei- bis dreifach erhöhten Wachstumsvorteil hat. „Nichts davon ist gut“, so Klimek im Gespräch mit der APA, aber es hätten davor auch noch deutlich schlimmere Szenarien kursiert.

 

 

Die R-Zahl der Delta-Variante in Österreich liege aktuell bei 0,75 bis 0,8. Das heißt, dass ein Infizierter im Schnitt knapp weniger als eine weitere Person ansteckt. Unter der „optimistischeren Annahme“ zu Omikron mit ungefähr verdoppelter effektiver Reproduktionszahl gegenüber der Delta-Variante sei damit zu rechnen, dass jedenfalls in Richtung Ende Jänner bis Anfang Februar die bisher höchsten Werte an Neuinfektionen pro Tag in Österreich von um die 15.000 wieder erreicht werden. Es gebe aber auch pessimistischere Annahmen: Möglich sei das somit „auch schon Anfang Jänner“.