In jenen Gebieten, in denen die Inzidenz über 200 auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt, sollte sie als präventives Instrument dienen, um Auslastungssituationen wie in den östlichen Bundesländern zu vermeiden.
Laut Ampelkommission steht nämlich in den drei östlichen Bundesländern der bisherige Höchststand des CoV-Intensivbelags bevor. Die Spitäler sollen sich entsprechend vorbereiten. Von der Kommission angesprochen fühlen sollten sich alle Bundesländer außer Vorarlberg, da sie mittlerweile alle eine Inzidenz über 200 aufweisen. Das westliche Bundesland bleibt als einziges trotz zuletzt steigender Infektionszahlen auf der CoV-Ampel orange geschaltet.
Varianten verbreiten sich auch in Vorarlberg
Mit 66,7 (risikoadjustiert 74,1) auf die vergangene Woche gerechnet hat Vorarlberg noch immer die mit Abstand besten Zahlen. Wien hatte mit 318,6 den schlechtesten Wert. Dahinter folgt mit 299,6 Salzburg, das in der risikoadjustierten Inzidenz, die auch andere Faktoren wie Alter der Patienten beinhaltet, mit 346,2 mit Abstand Schlusslicht ist. Trotzdem muss Salzburg im Gegensatz zur Ostregion rund um Ostern keine Verschärfungen vornehmen.
Bedenkliche Entwicklungen gibt es selbst in Vorarlberg. Denn dort beginnen sich die neuen gefährlicheren Varianten auszubreiten. Ihr Anteil beträgt bereits knapp 59 Prozent. In der Woche davor waren es bloß 33 Prozent. Einzig in Tirol sind die neuen Varianten wie vor allem die britische und südafrikanische noch unter 50 Prozent. Interessanterweise gibt es trotzdem gerade dort in der vergangenen Woche mit plus 30 Prozent den deutlich höchsten Anstieg an Neuinfektionen.
Testboom in Vorarlberg
In etlichen Bundesländern dominieren die Varianten längst. In Niederösterreich und dem Burgenland sind die Werte schon bei über 94 Prozent. Was die Lockerungen im Ländle bewirkt haben, ist ein Testboom. Der Wert von 60.200 pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist von allen anderen Bundesländern unerreicht. Zum Vergleich: Beim Schlusslicht Kärnten liegt er bei 10.700.
Rate der positiven Tests steigt
Bezüglich der Zahl der positiven Tests geht es indes deutlich nach oben. In Wien sind unter allen PCR- und Antigen-Testungen mittlerweile zwei von 100 positiv. Kräftig nach oben ging es in Tirol von 0,4 auf 1,3 Prozent im Vergleich zur Vorwoche. Die meisten Fälle geklärt werden noch immer in Wien mit 68 Prozent. In Oberösterreich sind es nur 43 Prozent.
Dass das Infektionsgeschehen quer durch das Land bedenklich ist, zeigt sich daran, dass nur noch vier Bezirke und zwei Regionen eine Inzidenz unter 100 haben, auch von diesen Gebieten keines mit einem Wert von unter 50. Zur Erinnerung: Noch vor wenigen Wochen wollte die Regierung bundesweit den Lockdown erst beenden, wenn die Zahlen unter diese Marke rutschen.
Wie schnell es nach oben gehen kann, zeigt der Tiroler Bezirk Reutte. In der Vorwoche war man noch österreichweit der Bezirk mit den besten Zahlen, seither ging es um 200 Prozent nach oben.
Länder verteidigen Osterruhe für Osten
Der ab 1. April – vorerst – für wenige Tage geltende verschärfte Lockdown in Ostösterreich ist am Donnerstag auf viel Kritik – von der Opposition wie von Fachleuten – gestoßen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und die Landeshauptleute von Wien, Niederösterreich und dem Burgenland verteidigten dagegen die Entscheidung.
Wiens Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Ludwig (SPÖ) sagte am Donnerstag im Gespräch mit „Wien heute“, ihm wäre eine längere und konsequentere Phase lieber gewesen. Aber es sei wichtig gewesen, mit der Bundesregierung sowie Niederösterreich und dem Burgenland eine gemeinsame Vereinbarung zu finden – mehr dazu in wien.ORF.at.
Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner verteidigte die Maßnahmen, nachdem man sich erst nach tagelangem Ringen geeinigt hatte. Die Lage in Niederösterreich sei, was die Intensivstationen betreffe, deutlich weniger dramatisch als in Wien, sagte Mikl-Leitner – mehr dazu in noe.ORF.at
Auch im Burgenland traf die Entscheidung auf geteilte Reaktionen, die Opposition zeigte sich überwiegend kritisch und warf wie in Niederösterreich Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) schwere Versäumnisse vor. Doskozil sagte, er verstehe „die verschiedenen Interessen. Aber das oberste Gebot zum jetzigen Zeitpunkt ist die Gesundheit der Bevölkerung“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at.
Kritik von Fachleuten
So wie der Komplexitätsforscher Peter Klimek gehen auch die Virologin Dorothee von Laer und der Epidemiologe Gerald Gartlehner davon aus, dass der kurze Lockdown nicht reichen wird, um eine echte Trendwende auf den überlasteten Intensivstation zu bringen. Gartlehner kritisierte, dass die Maßnahmen zu spät kommen und zu kurz dauern. Eine Spur zuversichtlicher war Von Laer: „Ob das ausreicht, bezweifle ich. Wahrscheinlich reicht es nicht aus. Aber vielleicht haben wir ja Glück.“
„Eher spät und eher kurz“ – so beurteilte von Laer im APA-Gespräch die Maßnahmen inklusive Kurzzeit-Lockdown für die Ostregion zu Ostern. Es sei zu hoffen, dass die Menschen bereits in der Woche bis Ostern die Warnungen ernst nehmen und sich entsprechend verhalten.
Gewerkschaft: Zutrittstests für Geschäfte „realitätsfern“
Die Gewerkschaft GPA kritisierte wiederum die vorerst von 7. bis 10. April geplanten CoV-Zutrittstests im Handel in Ostösterreich. Ausgenommen sind Geschäfte des täglichen Bedarfs. „Die Eintrittstests im Handel sind realitätsfern und zur Pandemiebekämpfung ungeeignet“, so GPA-Chefin Barbara Teiber am Freitag in einer Aussendung. Teiber appellierte an Anschober, die Vorgehensweise zu überdenken. Die Sozialpartner würden zu Gesprächen bereitstehen.
WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik und Handelsobmann-Geschäftsführer Rainer Will sehen die Eintrittstests ebenfalls kritisch und warnten vor hohen Umsatzausfällen. Seit 8. Februar muss in Österreich beim Friseur und anderen körpernahen Dienstleistern ein negativer Test vorgewiesen werden. „Der Handel ist nicht mit körpernahen Dienstleistungen zu vergleichen, wo einerseits oft Termine ausgemacht werden und andererseits wesentlich weniger Kundinnen und Kunden pro Beschäftigten im Geschäft sind“, sagte die GPA-Chefin. Der Aufwand für Kontrollen im sei Handel sei ungleich höher. „Es ist den Handelsangestellten nicht zumutbar, Hilfssheriff spielen zu müssen.“
Anschober appelliert an Bevölkerung
Gesundheitsminister Anschober verteidigte hingegen die Osterruhe weiter und appellierte an die Bevölkerung, sich an die Maßnahmen zu halten. Diese „werden uns helfen, die schwierige Herausforderung zu schaffen. Entscheiden werden wir aber selbst. Tagtäglich mit unserem Beitrag, mit Verantwortung und Zusammenhalt – wir können und werden ein Teil der Lösung sein“, sagte Anschober.