Hier will die Stadt Wien gegensteuern – mit Schanigärten auf öffentlichen Plätzen. Diese werden nun ausgearbeitet. Dazu werde es zunächst Gespräche mit den Sozialpartnern geben, kündigte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) an. Die Areale selbst könnten in Kooperation mit Veranstaltungsunternehmen betrieben werden, hieß es – mehr dazu in wien.ORF.at.
Keine Förderung bei zu wenig Umsatz
Nicht nur die Branchenvertreter sind enttäuscht über die Entscheidung der Regierung. Als „Alibilösung“ bezeichnete etwa der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) die angepeilten Öffnungsschritte – mehr dazu in burgenland.ORF.at.
Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) forderte am Dienstag österreichweit Städte und Gemeinden auf, die Gebühren für Gastgärten zu erlassen. Zahlreiche Gastronomen befürchten, dass sie um staatliche CoV-Hilfen umfallen, wenn sie Gastgärten öffnen. Für viele könnte sich ein Aufsperren gar nicht lohnen, so Branchenvertreter.
Es gehe nicht um formale Schließungen, sondern darum, wie stark der Umsatzrückgang sei, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Dienstag: „Die Höhe des Ausfallsbonus und die Höhe des Fixkostenzuschusses bemisst sich ja am Rückgang des Umsatzes.“ Gastronomen müssen also darauf achten, dass ihr Umsatzrückgang auch nach Öffnung der Gastgärten gewisse Schwellenwerte nicht unterschreitet, um die Förderung nicht zu verlieren.
Sonderfall Vorarlberg
Noch weniger Perspektive haben die Kultur, der Tourismus und die Gastronomie in Innenräumen, darunter auch die Nachtgastronomie. Wenn die Zahlen bis Ostern nicht exponentiell steigen, laute das Ziel, diese Branchen im April schrittweise zu öffnen, hieß es Montagabend vonseiten der Regierung.
Ein Sonderfall ist Vorarlberg. Hier dürfen bereits Mitte März Gastronomie, Kultur und Sport öffnen – auch in Innenräumen. Aber auch hier sind viele Fragen offen, die der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) in den nächsten Tagen klären will – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.
Experte sieht Anzeichen von dritter Welle
Experten und Expertinnen sehen angesichts der steigenden CoV-Infektionszahlen eigentlich auch kleine Öffnungsszenarien als „hochriskant“ an. Aber es gebe „das Bedürfnis nach sozialen Kontakten“, argumentierte Wiens Bürgermeister Ludwig für die Öffnungsentscheidung: „Wenn sich Menschen unreguliert treffen, besteht jedoch die Gefahr der erhöhten Ansteckung.“ Besser seien daher Zusammenkünfte in kontrolliertem Rahmen – das soll über Tests und Gästeregistrierung erfolgen.
In zwei Wochen will die Regierung evaluieren, ob die geplanten Lockerungen überhaupt machbar sind. Geht es etwa nach Komplexitätsforscher Peter Klimek, sollte es vorerst keine Öffnungen geben. Der Anstieg der Zahlen sei nicht den vielen zuletzt durchgeführten Tests geschuldet. Man sehe Anzeichen einer noch versteckten dritten Welle durch die erstmals in Großbritannien nachgewiesene CoV-Mutation B.1.1.7.
Hoffen auf höhere Temperaturen und Impfung
Die Wochen bis Ostern sind angesichts der steigenden Zahlen und der geringen Durchimpfungsrate in der Bevölkerung heikel. Auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erwartet durch steigende Temperaturen und eine höhere Impfrate vor allem bei Älteren und Risikogruppen mehr Entspannung ab Ostern. Dann könne man auch mehr öffnen. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) pochte erneut darauf, dass zunächst die Älteren und Risikogruppen geimpft werden sollten. Jede Impfung bringe Österreich „einen Schritt mehr in Richtung Normalität“. Im März sollen laut Kurz 30.000 Menschen pro Tag geimpft werden, im April über 45.000 pro Tag.
Für Klimek sind die Kriterien für aktuelle Öffnungsschritte schwer nachzuvollziehen. Noch vor wenigen Wochen sei eine 7-Tage-Inzidenz von um die 50 als Voraussetzung für Öffnungen angeführt worden, nun werde bei Inzidenzen von fast 200 über Lockerungen nachgedacht: „Anscheinend ist die Strategie, das Virus mit unvorhersehbaren Öffnungsschritten zu verwirren.“ Der Zuwachs der Zahlen werde sich fortsetzen. „Die Frage ist, wie schnell das geht“, so Klimek.
Experte: Keine virologischen Argumente für Öffnung
Auch der Virologe Andreas Bergthaler steht Öffnungen skeptisch gegenüber. Aus seiner Sicht werde das Bild der Mutationen wöchentlich komplexer, schrieb er auf Twitter. Zudem sei die Impfrate für eine Entspannung der Lage noch zu gering. Es gebe daher keine virologischen Argumente für Öffnungen. Wenn diese durchgeführt werden, empfiehlt der Experte Begleitmaßnahmen wie eine noch bessere Test- und Isolationsstrategie und regional spezifische Maßnahmen auf Basis mehrerer Kriterien wie Inzidenz, Anstieg der Infektionen, Mutationen und Durchimpfungsrate.
Die Regierung plant, nach einem Bonus-Malus-System vorzugehen. Vorarlberg, das derzeit stabile Infektionszahlen aufweist, darf früher öffnen, wenn es in Sachen Zahlen so bleibt. In Bezirken mit besonders hoher Inzidenz soll es zusätzliche Schwerpunktkontrollen der Exekutive geben. Zudem werde derzeit an der Regelung für Ausreisetests wie in Tirol gearbeitet, sagte Anschober. Für zwei Salzburger Gemeinden ist das bereits fix – mehr dazu in salzburg.ORF.at.
Kontaktfreies Vereinstraining
Auch bei der bereits für Mitte März angekündigten Lockerung im Sportbereich ist die Regierung auf der vorsichtigen Seite. Nach Angaben aus dem Sportministerium wird nur Vereinstraining für Kinder und Jugendliche im Freien erlaubt sein. Das gelte für alle Sportarten, bei denen ein Abstand von zwei Metern eingehalten werden kann – also beispielsweise kontaktfreies Fußballtraining. Noch offen ist die erlaubte Gruppengröße und ob es tatsächlich Testpflicht geben wird. Matches und Wettbewerbe dürfen weiterhin nicht stattfinden.
Beim Schulsport wird sich gegenüber den derzeit geltenden Regeln nichts ändern. Turnunterricht findet statt – ohne Kontaktsportarten. Unverbindliche Übungen und Freigegenstände im Sportbereich wird es vorerst weiterhin nicht geben.