In der Analyse ist das Forschungsteam von einem Worst-Case-Szenario mit einem vollständigen Produktionsverlust ausgegangen und hat dabei auch die Möglichkeiten außer Acht gelassen, dass Länder auf andere Lieferanten ausweichen bzw. Waren in Produktionsprozessen ersetzen könnten. „Dies ist sicherlich unrealistisch, aber die Ergebnisse zeigen dennoch die Mengen, die ersetzt werden müssen“, heißt es in der Analyse.
So würde etwa Lettland 83 Prozent seiner zur Verfügung stehenden Menge an Mais (Importe plus Inlandsproduktion) durch einen Totalausfall der ukrainischen Exporte verlieren, bei Estland wären es 78 Prozent. Bei Sojabohnen würde der Verlust des Libanon bei 99 Prozent liegen, Polen würde 81 Prozent verlieren. Vom Ausfall ukrainischer Weizenexporte wäre vor allem Ägypten (45 Prozent Verlust) betroffen. Würde die Ukraine kein Sonnenblumenöl mehr exportieren, würde das für Algerien einen Verlust von 88 Prozent bedeuten, für Nepal 84 Prozent und für Malta 65 Prozent.
Für Österreich liegen die Verluste bei Mais und Sonnenblumenöl im niedrigen einstelligen Prozentbereich, wie aus einer interaktiven Infografik hervorgeht, in der sich die Auswirkungen auf einzelne Länder erkennen lassen.
Indirekte Auswirkungen auf Fleischproduktion
Ein Ausfall der ukrainischen Agrarexporte könnte sich aber auch über verschiedene Produktionsprozesse ausbreiten und etwa zu einer Verknappung von Schweinefleisch führen, weil Futtermittel knapp werden. Als Beispiel nennen die Komplexitätsforscher Portugal, wo dieser indirekte Effekt zu relativen Verlusten von mehr als 15 Prozent bei Schweinefleisch und mehr als 20 Prozent bei der Produktion von Geflügel und Eiern führen kann. Sie weisen auch darauf hin, dass Marktmechanismen die Nahrungsmittelknappheit in weniger wohlhabenden Ländern des globalen Südens verstärken könnten.