Stephan Thurner: Die Zerbrechlichkeit der Welt

 

Fragen an den Autor

 

Sendung: Sonntag 13.12.2020 9.04 bis 10.00 Uhr

 

Das Klima. Die Gesellschaft. Die Wirtschaft – komplexe Systeme, die sich auf bedrohliche “Kipp-Punkte” zu bewegen – meint der Komplexitätsforscher Stephan Thurner.

 

Für ihn ist die Corona-Krise ein Weckruf, der uns erneut vor Augen geführt hat, wie zerbrechlich die Welt ist, in der wir leben. “Die Welt besteht aus miteinander verwobenen, interagierenden, aufeinander einwirkenden und sich ständig verändernden komplexen Systemen wie dem Finanzsystem, dem Ökosystem oder der Zivilgesellschaft. Alle diese Systeme haben Tipping Points, die uns noch viel zu wenig bewusst sind. Überschreiten sie diese Punkte, kommt es zu irreversiblen Änderungen. Sie kollabieren“ (Thurner).

 

Seine Antwort auf all diese Herausforderungen mag überraschen: Ausgerechnet Big Data, also das heute schon fast allgegenwärtige Sammeln von Daten, könne den Kollaps verhindern. Thurner und sein Team des “Complexity Science Hub Vienna” haben zum Beispiel bereits digitale Modelle der österreichischen Volkswirtschaft oder des mexikanischen Finanzsystems gebaut. Damit lässt sich etwa berechnen, welche Bank zu welchem Zeitpunkt in welchem Ausmaß relevant für das Gesamtsystem ist, welche Folgeschäden ihr Zusammenbruch also für alle anderen Banken hätte.

 

“Mit diesen Modellen lassen sich auch mögliche Gesetze und ihre Folgen zunächst digital erproben und Steuersysteme entwickeln, die das Finanzsystem sicherer machen”, sagt der Autor. Und auch die Pandemie sowie Berechnungen zum Klimawandel haben uns gezeigt, wie man mit Simulationen und Modellierungen ein wenig Licht ins Dunkel der Zukunft bringen kann. Kann “Big Data” das Schlimmste verhindern? Oder ist es Teil des Problems?

 

ModerationJochen Marmit