Die Anzahl der Fälle verdoppelt sich in Österreich derzeit etwa alle zwei Tage und acht Stunden, Italien hatte in der Woche von 17.-23. Februar in etwa dieselbe Verdopplungszeit. Eine Woche später, also etwa ab 24. Februar hätten in Italien die umgesetzten Maßnahmen in geringem aber nachweisbarem Ausmaß zu greifen begonnen und die Verdopplungszeit bei den Infektionen auf etwa drei Tage und zwei Stunden verlängert. In Österreich könne derzeit keine Verlängerung der Verdopplungszeit festgestellt werden, schreiben CSH-Präsident Stefan Thurner und Peter Klimek von der Medizinischen Universität Wien in einem “Policy Brief”.
Singapur und China reagieren früher
Singapur und China hätten deutlich früher reagiert und drastischere Maßnahmen umgesetzt. So konnten die exponentiellen Ausbreitungsraten unter Kontrolle gebracht werden. “Die Tatsache, dass in Italien die Maßnahmen nur beschränkt greifen und immer noch exponentiell sind, zeigen, dass die derzeit in Österreich ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend sind, um eine notwendige Reduktion der exponentiellen Ausbreitung in den nächsten Wochen zu garantieren. Engpässe in Spitalsbetten können daher nicht ausgeschlossen werden”, schreiben die Wissenschafter.
Weiter exponentielles Wachstum in Italien
Die Daten aus Italien würden zeigen, dass Maßnahmen wie Veranstaltungsverbote oder Schulschließungen das exponentielle Wachstum nur verlangsamen würden, “es ist aber immer noch exponentiell”, sagte Thurner zur APA. Aus den – vertrauenswürdigen – Daten aus Singapur würden man hingegen sehen, dass man dort das exponentielle Wachstum in den Griff bekommen habe und dieses nur mehr linear erfolge.
Kapazitätslimit Ende März
Für ihre Berechnungen sind die Komplexitätsforscher von der Annahme ausgegangen, dass die Ausbreitung in Österreich weiterhin exponentiell voranschreitet, dass etwa fünf Prozent der Fälle kritisch sind und Intensivbetreuung benötigen, sowie dass weitere 14 Prozent der Infektionen so schwer verlaufen, dass sie medizinische Versorgung in Krankenhäusern benötigen. In diesem Szenario würde Österreich mit seinen gegenwärtigen Kapazitäten in etwa 14 Tagen, also zwischen 22. und 27. März in den meisten Bundesländern das Kapazitätslimit an Betten in Intensivstationen erreichen. Einen Engpass an allen derzeit existierenden Krankenhausbetten in Österreich erwarten die Forscher dann gegen Anfang April. Nicht eingerechnet wurde, dass Betten nach Genesung wieder frei werden – was laut Wissenschaftern aber vernachlässigbar sei.
Coronavirus: Drastischere Maßnahmen notwendig
“In Anbetracht dieser Szenarien könnten weitaus drastischere Maßnahmen notwendig sein, um die Situation schneller zu entschärfen, bevor man in medizinische Engpässe läuft”, betonen die Forscher.