Während bundesweit noch nicht entschieden ist, ob die Maskenpflicht im Handel wie geplant am 22. Juli tatsächlich fallen kann, macht Wien Nägel mit Köpfen: In Wien setzt man weiterhin beim Einkaufen auf den Mund-Nasen-Schutz. Das tat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Dienstag kund. Die Bundeshauptstadt hatte schon zuletzt Lockerungsschritte nicht mitgetragen: So müssen in Wien Kinder ab sechs Jahren beim Besuch des Freibads oder eines Lokals nachweisen, dass sie getestet sind – im Rest von Österreich gilt die 3-G-Regel erst ab zwölf.
“Die Maske wird weiter getragen, egal ob beim Einkauf von Brot, Milch, Kleidung, Schuhen, Möbeln oder Büchern”, erklärte Michael Ludwig via Facebook nach einem Expertengespräch. Zusätzlich, verkündete er, gelte das Tragen der Maske auch bei kulturellen Veranstaltungen, die in geschlossenen Innenräumen stattfänden. Er verwies auf die ansteckendere Delta-Variante, auf die in Österreich bereits fast alle Neuinfektionen zurückzuführen sind. Laut Ages-Dashboard liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in Wien bei 36,5. Nur in Salzburg lag dieser Wert am Dienstag mit knapp über 50 höher – und zwar deutlich.
Zuletzt hatte ein Coronafall bei den Salzburger Festspielen und der ungehörte Appell an die Besucher, freiwillig FFP2-Maske zu tragen, die Veranstalter dazu gezwungen, eine FFP2-Masken-Pflicht im Saal zu verhängen. Dass Masken weiterhin eine wichtige Rolle in der Pandemiebekämpfung spielen werden, wurde bereits vor zehn Tagen klar, als die Ampelkommission und das Covid-Prognosekonsortium eine klare Empfehlung aussprachen: Sollte die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner einen Wert von 25 überschreiten, dann rate man dazu, die FFP2-Masken-Pflicht wieder einzuführen. Österreichweit lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Dienstag bei 25,4 Fällen je 100.000 Einwohner.
Trotzdem will die Politik an dem für 22. Juli angekündigten Ende der Maskenpflicht im Handel festhalten. Vorerst. Denn erst am Donnerstag trifft sich die Corona-Taskforce auf Bundesebene und bespricht die nächsten Schritte in der Pandemiebekämpfung. Vor allem Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) warb zuletzt für schärfere Maßnahmen. Apropos Maske: Selbst in Wien will man derzeit nicht zu einer allgemeinen FFP2-Masken-Pflicht zurückkehren.
Schärfere Regeln hat die Bundesregierung allerdings schon in der Vorwoche für die Nachtgastronomie festgelegt. Für den Eintritt in Clubs muss ab 22. Juli ein negativer PCR-Test oder eine Impfung nachgewiesen werden. In der Gastronomie und bei Veranstaltungen bleibt die Registrierungspflicht entgegen den ursprünglichen Plänen bestehen.
Die Frage ist, ob der Bund am Donnerstag angesichts steigender Infektionszahlen überhaupt anders entscheiden wird können als die Bundeshauptstadt. Komplexitätsforscher Peter Klimek, der Prognosemodelle zum Infektionsgeschehen errechnet, rechnet jedenfalls mit Verschärfungen in den kommenden Wochen, wie er in einem ORF-Fernsehinterview sagte. Auch wenn die Zahl der Intensivpatienten derzeit noch stabil ist. “Wenn wir jetzt anschauen, wie viel haben wir auf den Intensivstationen an betreuten Patienten, dann ist natürlich momentan die Lage weit weg von kritisch.”
Dementsprechend seien momentan allzu strenge Regeln schwer vertretbar, erklärte der Physiker. Er sprach sich aber für milde Maßnahmen aus. “Aus dem einfachen Grund, weil wir spätestens im Herbst wieder mit mehr Dynamik rechnen müssen, die unser Gesundheitssystem noch mal vor Herausforderungen stellen kann, wenn wir überhaupt nichts tun.”