Noch wisse niemand, wie gut es Spitälern und niedergelassenen Ärzten in den nächsten Wochen und Monaten gelingen werde, zum Normalbetrieb zurückzukehren und die bestmögliche Versorgung auch von Nicht-Covid-19-Patienten sicherzustellen. So sei offen, ob Menschen Arztbesuche weiterhin aufschieben wie in den vergangenen Wochen, wie groß dadurch die Unterversorgung bzw. Gefährdung einzelner Patientengruppen werde, oder ob sich die Telemedizin bewähre, auf die nun viele umstellen.
Entscheidungen laufend bewerten
Derzeit fehlten Erfahrungswerte. “Aus allem, was jetzt passiert, können wir lernen. Aber dafür braucht die Wissenschaft endlich den versprochenen Zugang zu Daten. Es wäre höchst fahrlässig, die Folgen von Entscheidungen jetzt nicht laufend evidenzbasiert zu bewerten”, erklärte Peter Klimek vom CSH und der MedUni Wien. So wäre für die Wissenschafter etwa das Monitoring des Patientenverhaltens interessant: “Mit Live-Daten könnten wir ein Frühwarnsystem bauen. Wenn in einem Bezirk plötzlich viel weniger Menschen zum Arzt gehen, können die verantwortlichen Stellen gegensteuern”, so Klimek.
Auch die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer von der MedUni Wien wünscht sich Datenzugang: “Wir KlinikerInnen und WissenschaftlerInnen bekommen derzeit nicht genug Information zu den Covid-Fällen, um die wirklichen Risikogruppen optimal erkennen und schützen zu können. Wir müssten über Vorerkrankungen, Lebensstil- und Umweltfaktoren, eingenommene Medikamente oder über Alter und Geschlecht Bescheid wissen”, so Kautzky-Willer. Je mehr Daten die Forschung bekomme, umso eher könnten schwere Verläufe prognostizieren werden, was für die nächste Covid-Welle helfe. “Ohne dieses Wissen sind wir im Blindflug unterwegs – und ganz sicher nicht evidenzbasiert.”