Ansturm auf eine Apotheke in Wien. “Ich konnte mich online nicht registrieren, kann ich bei Ihnen trotzdem einen PCR-Test machen?”, will eine Kundin wissen. “Das können Sie heute bei uns, das digitale System ist nämlich wegen Überlastung zusammengebrochen”, informiert die Apothekerin.

Schon am Montag waren zahlreiche Menschen in der Bundeshauptstadt vor Apotheken und Testcenters Schlange gestanden. Andere wiederum berichteten, ihre Ergebnisse nicht, wie ansonsten im Zentrum von Wien üblich, binnen 24 Stunden elektronisch erhalten zu haben.

 

 

Wohl auch durch den Schulbeginn ist die Zahl der Tests auf Sars-CoV-2 laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit stark angestiegen. Von Montag auf Dienstag wurden 829.265 PCR- und Antigen-Schnelltests gemeldet. Mehr als 71 Prozent, also 591.531, waren aussagekräftige PCR-Tests, die bei 11.516 Menschen positiv ausfielen. Täglich gewinnt die Ausbreitung der Omikron-Variante an Dynamik.

 

 

War beim Wildtyp von Sars-CoV-2 noch jeder tausendste Infizierte ein Superspreader – also jemand, der besonders viele Menschen im Handumdrehen ansteckt -, sind es bei Delta jeder dreißigste und bei Omikron sogar jeder zwanzigste bis zehnte. Das berichtet ein Team um den Aerosol-Experten Michael Riediker, Direktor des Schweizerischen Zentrums für Arbeits- und Umweltgesundheit, im Fachmagazin “Swiss Medical Weekly”. Omikron sei ansteckender als alle zuvor aufgetretenen Mutationen des Coronavirus, weil Infizierte mehr Viren ausscheiden und diese Viren besser in der Lage seien, die Zellen zu kapern. Laut den Forschern gibt die Hälfte bis zwei Drittel der mit Omikron infizierten Bevölkerung infektiöse Viren an ihr Umfeld ab.

 

Bekannt ist, dass Omikron die Schutzwirkung der Corona-Impfung senkt, weil sie den Immunschutz teilweise umgeht. Die Inkubationszeit beträgt nicht vier bis sechs, sondern nur zwei bis drei Tage. Zudem springt das Virus in kürzerer Zeit von Mensch zu Mensch.

 

 

Eine Verkürzung der Gültigkeitsdauer der PCR-Tests (derzeit je nach Region 48 bis 72 Stunden) hatte kürzlich der Molekularbiologe Andreas Bergthaler gefordert. Allerdings hatte er eingeschränkt, dass eine solche Maßnahme in Gebieten, wo die Ergebnisse mangels Kapazität bis zu 48 Stunden dauern können, kaum durchführbar sei. “Österreich ist Weltmeister im Testen. Aber man kann dieses System nicht bis ins Unendliche skalieren”, sagt Bergthaler dazu zur “Wiener Zeitung”.

Tracen und Isolieren wird immer schwieriger

 

Die österreichische Teststrategie zum Nachweis von Sars-CoV-2 verfolgt im Wesentlichen drei Ziele der Übertragungsprävention: Testen, Tracen und Isolieren (TTI). Schon früh in der Pandemie schlug Österreich den Weg ein, mengenmäßig möglichst viel zu testen. Allerdings handelt es sich um Momentaufnahmen des Zeitpunkts, zu dem das Stäbchen die Schleimhaut berührt, und Omikron überholt den Moment immer schneller. Über Möglichkeiten zur Anpassung der Teststrategie wird daher diskutiert.

 

 

Schulkinder müssen sich schon jetzt drei Mal pro Woche PCR-testen lassen. “Die Frage ist aber, ob man selbst bei dreimaligem Testen noch eine einigermaßen sichere Umgebung herstellen kann”, sagt Komplexitätsforscher Peter Klimek, Österreichs “Wissenschafter des Jahres 2021”: “Wenn das serielle Intervall, also die Zeit, die das Virus braucht, um von einer Person zur nächsten zu springen, bei 2,5 Tagen liegt, dann kann man ausrechnen, wie häufig man testen und wie schnell man das Ergebnis bekommen müsste, damit es sinnvoll ist.”

 

 

Wohl nur bei Resultaten innerhalb von maximal zwölf Stunden wären Negative für zumindest einen Tag auf der sicheren Seite. “Wir sind damit allerdings in einem Regime der täglichen Tests, deren Ergebnisse innerhalb weniger Stunden bereit stehen müssten”, erläutert Klimek. Und dafür müsste wiederum die Infrastruktur so aufgestockt werden, dass Test-Seren mehrere Male am Tag ins Labor gebracht und ausgewertet werden könnten, womit enorme Kosten anfallen und sich letztlich strukturelle wie personelle Fragen stellen würden. “Selbst in Wien, wo wir eines der weltweit ausgebautesten PCR-Systeme haben, werden wir Omikron nicht einfach wegtesten können”, sagt Klimek.

Zurück zu Testung nur bei Symptomen?

 

 

“Eine Teststrategie neu müsste sich auf die vulnerabelsten Gruppen, auf Personen mit Symptomen und stark betroffene Berufsfelder, wie Spitals- und Pflegepersonal sowie Altenheime, konzentrieren, und diese Personengruppen sollten PCR-Ergebnisse schneller als derzeit erhalten”, sagt Gerald Gartlehner, Professor für Evidenzbasierte Medizin der Donau-Universität Krems.

 

 

“Wir brauchen eine Bremse für die Welle auf vielen Ebenen, auch zumal der Anteil der Nicht-Immunen in Österreich höher ist als etwa in Großbritannien oder in Dänemark. Aber es hätte keinen Sinn, wenn das ganze Land begänne, sich vier Mal die Woche oder gar täglich zu testen”, sagt Gartlehner. Mangels Kapazität könnte ein solches Vorgehen zu Engpässen an Testmöglichkeiten für die wirklich Bedürftigen führen.

 

 

“Wir sollen Test-Kapazitäten sparen für die, die sie wirklich brauchen. Ich würde Schulen dabei nicht auf dieselbe Ebene stellen wie wirklich vulnerable Gruppen und vor allem eine stringente Impfstrategie auf dem Plan stellen”, sagt der Gesundheitsexperte. Testen sei ein Baustein einer Strategie, ohne weitere Maßnahmen aber zu wenig, zudem würde die Nachverfolgung von Infizierten durch Omikron nur erschwert.

 

 

Experten erwägen dazu auch, wieder verstärkt auf die schnelleren Antigen-Tests zu setzen. Erforscht werden derzeit Hinweise, ob Antigen-Tests bei Omikron im vorderen und im hinteren Nasenbereich unterschiedliche Ergebnisse liefern.