Hoffen auf viel weniger Infektionen

 

Zahl der Covid-Neuansteckungen geht in Österreich zurück. Auch nach den Massentests werden Einschränkungen bleiben.

 

Wien Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) formulierte gestern vorsichtig: Die Maßnahmen der vergangenen Wochen beginnen langsam und schrittweise zu wirken, sagte er auch wenn die Zahl der Neuinfektionen nach wie vor dramatischhoch sei. Für Österreich vermeldete die Bundesregierung gestern 3145 Neuinfektionen. Und auch wenn die Zahlen am Montag meist niedriger sind: So wenig waren es seit Ende Oktobernicht mehr. Dies gilt auch für Tirol.

 

Als nächsten Schritt plant die Bundesregierung jetzt die Massentests, die in zwei Wochen starten sollen. Gestern beriet die Regierung mit den Landeshauptleuten über die Organisation. Ein Vorbild dafür ist Südtirol. Am vergangenen Wochenende wurden dort 350.000 Menschen auf das Virus getestet. Laut Patrick Franzoni, Leiter der Aktion Südtirol testet, bildete die Einbindung von Gemeinden und Freiwilligenorganisationen die Basis für diesen Erfolg. Wir hatten die Bürgermeister auf unserer Seite. Sie waren der direkte Kontakt in die Peripherie.

 

Die Virologin Dorothee von Laer findet Massentests sinnvoll. Allerdings schätzt sie die Zahl der Infizierten in Südtirol weitaus höher ein. Die Schnelltests seien zu ungenau. Ihre Prognose für das nächste Jahr ist wenig euphorisch. Bis April brauche es mehr Disziplin. Für nächsten Herbst hofft sie, dass die Herdenimmunität durch Ansteckung und Impfung so groß sein könnte, dass man mit Maske und Abstandhalten durchkommen könne. (TT) Mehr auf den Seiten 2, 3, 4

 

Massentests und Stufenplan: Rüsten für das Ende des Lockdowns

 

Auch nach dem Ende des Lockdowns am 6. Dezember werden Einschränkungen bleiben. Die Vorbereitungen für die Massentests laufen.

 

Wien Die Infektionszahlen gehen österreichweit in die richtige Richtung langsam und schrittweise nach unten. Zwei Wochen vor dem geplanten Ende des Lockdowns am 6. Dezember laufen auch schon die Planungen für die Zeit danach. Geplant sind Massentests am Wochenende vor der Öffnung, beginnend mit Pädagogen und Kindergartenpersonal. Was sonst kommt, steht nicht fest. Fix ist nur, dass die Einschränkungen nicht vorbei sein werden. Es werde” nicht alles wie vorher sein”, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gestern. Nur so kann vermieden werden, nach den Feiertagen in eine dritte Welle zu stolpern”.

Derzeit gilt alle Energie der Vorbereitung der Massentests. Diese sollen am Wochenende des 5. und 6. Dezember starten, bei den 200.000 Pädagogen und in einer Handvoll Testgemeinden. Am 7. und 8. Dezember folgen nach den aktuellen Plänen die 40.000 Polizistinnen und Polizisten. Kurz vor Weihnachten soll es ein Angebot an die gesamte Bevölkerung geben.

 

Die Fäden für die Tests laufen beim Verteidigungsministerium zusammen. Dieses ist für die Logistik zuständig und hat bei der Bundesbeschaffungsagentur auch den Auftrag für sieben Millionen Schnelltests aufgegeben. Die Kosten dafür betragen 50 Millionen Euro. Sie sollen aber nicht beim Bundesheer hängen bleiben, wird im Bundeskanzleramt versichert.

 

Die Erfahrungen aus den Tests sollen auch in die ab Jänner geplanten Impfungen einfließen. Anschoberhat für heute die Präsentation einer Strategie angekündigt (siehe auch Artikel unten).

 

Zur Vorbereitung der Tests luden Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) gestern die Landeshauptleute zu einer Videokonferenz. Als Vorbilder gelten die Slowakei und Südtirol.

 

Vor allem aus den ÖVP-regierten Bundesländern war Zustimmung zu den Tests zu hören. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kündigte “tatkräftige Unterstützung” an. Es mache Sinn, “durch die Antigen-Tests vor Weihnachten einen weiteren Schritt zu setzen, um die Infektionszahlen zu senken”.

 

Die organisatorische Abwicklung wirft aber noch Fragen auf. Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat auch grundsätzliche Bedenken. Er berichtet von Berechnungen, dass auf 50.000 richtig positive Tests auch 50.000 falsch positive  Tests kommen könnten.

 

“Mit jeder Lockerung steigt das Risiko, in die dritte Welle hineinzugehen”. Peter Klimek (Komplexitätsforscher)

 

Bei den Tests müssen Bund, Länder, Gemeinden, Bundesheer und Blaulichtorganisationen zusammenspielen etwa bei der Frage, wo Teststationen eingerichtet werden.

 

Das erste Testwochenende fällt mit dem derzeit geplanten Ende des Lockdowns zusammen. Einschränkungen zum Schutz vor dem Virus werden auch danach bleiben. Welche das sein werden, ist noch offen. Anschober kündigt ein Konzept an, in dessen Mittelpunkt der Schutz der älteren Bevölkerung über 65 Jahren sowie anderer verwundbarer Gruppen stehen soll. Der Minister: “Ziel ist, mit einem geschützten, kontrollierten Öffnen ab dem 7. Dezember kontrolliert bis zur Impfung zu kommen”.

 

Gänzlich ausschalten lasse sich ein Risiko aber nie, sagt der Komplexitätsforscher Peter Klimek. “Mit jeder Lockerung steigt das Risiko, in eine dritte Welle hineinzugehen”. Klimek und seine Kollegen haben die Anti-Corona-Maßnahmen verschiedener Länderuntersucht: Am wirksamsten waren Einschränkungen bei Kontakten, bei Veranstaltungen etwa oder mit verstärktem Home-Office. Auch das Schließen von Schulen und Bildungseinrichtungen wirke. Es gebe aber nicht die eine Maßnahme, um die Pandemie zu kontrollieren: “Es braucht einen intelligenten Mix”. (sabl, TT)