Warum die Corona-Zahlen gerade so schnell sinken
Von Jörn Kießler
Nach einem Frühjahr, in dem es schien, als wolle die Corona-Pandemie nie enden, ist die Inzidenz jetzt innerhalb eines Monats um mehr als 100 gesunken. Wie war das möglich?
Die Corona Zahlen sinken. Zwar ist die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz am Montag wieder leicht von 35,1 auf 35,2 gestiegen. Im Großen und Ganzen kennt die Kurve derzeit aber nur eine Richtung: abwärts.
Das sieht man auch an der Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche in Nordrhein-Westfalen. Am 1. Mai lag dieser Wert noch bei 160. Einen Monat später ist er auf 39,9 gesunken.
Laut WDR-Wissenschaftsjournalistin Ruth Schulz spielen dabei mehrere Faktoren eine Rolle.
Weniger Infizierte
“Dadurch, dass weniger Menschen infiziert sind, können sich auch weniger gesunde Menschen bei ihnen anstecken“, erklärt Schulz. Die gute Nachricht: Genauso, wie sich das Coronavirus exponentiell ausbreiten kann, kann die Zahl der Neuinfektionen auch sinken, wie die Physikerin Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik bereits kurz vor Weihnachten auf Twitter erklärte.
Fortschritt beim Impfen
Eine Maßnahme, die auch zu dieser Entwicklung beiträgt, ist das Impfen. “Durch die Impfung sind immer mehr Menschen geschützt“, erklärt Schulz. Dadurch sinke die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus weiter ausbreite, selbst wenn gesunde Menschen auf Infizierte treffen.
Corona-Regeln
Trotzdem sei es wichtig, weiterhin vorsichtig zu sein. Wenn jetzt grundlegende Corona-Regeln wie Abstand halten oder Maske tragen in geschlossenen Räumen abgeschafft würden, könne der Trend der sinkenden Corona-Zahlen schnell wieder enden oder sich gar umkehren, sagt Schulz.
Denn auch sogenannte Rückkopplungseffekte, bei denen steigende Corona-Zahlen und die Diskussion über schärfere Maßnahmen dazu führen, dass die Menschen sich von sich aus einschränken, funktioniert auch in die andere Richtung. “Dann könnten die sinkenden Zahlen und die Berichte über geplante Lockerungen bewirken, dass die Menschen sich schon früher nicht mehr an die Regeln halten“, sagt Schulz.
Gutes Wetter
Ein weiterer Faktor, der für sinkende Zahlen sorgt, ist das gute Wetter. “Dadurch halten sich die Menschen mehr im Freien auf, wo die Gefahr einer Infektion geringer ist“, sagt Schulz. Allerdings macht dieser “Sommereffekt“, wie der Virologe Christian Drosten ihn nennt, nur etwa 20 Prozent des Rückgangs der Corona-Infektionen aus.
Der österreichische Modellierer Peter Klimek, der an der medizinischen Universität Wien arbeitet und die österreichische Regierung berät, gibt dabei zu bedenken, dass dabei neben dem guten Wetter auch die gestiegenen Temperaturen eine Rolle spielten.
“Wenn wir zum Beispiel weniger Heizen und dadurch die Aerosole mit den Viruspartikeln weniger austrocknen, können sie weniger lange in der Luft schweben“, sagte Klimek dem RBB. “Die Folge: Sie bleiben kürzer in der Luft und die Gefahr sich im Raum anzustecken, ist geringer.“
Kombination der Maßnahmen zeigen Wirkung
In einem sind sich alle Wissenschaftler einig: Es gibt nicht die eine Maßnahme, die für den Rückgang der Zahlen sorgt, sondern die Kombination aus vielen verschiedenen. “Das könnte sich aber auch wieder ändern, wenn beispielsweise eine neue Mutante auftaucht“, sagt Schulz.