Infektionsrekord vor Beschluss der Impfpflicht

 

 

Umstrittenes Gesetz im Zentrum der Nationalratsdebatte – mehr als 27.000 Fälle am Mittwoch.

 

 

 

Der Beschluss der Impfpflicht steht am Donnerstag im Zentrum der Plenarsitzung des Nationalrats. Freilich, es handelt sich nicht um den einzigen sehr wesentlichen Tagesordnungspunkt. Auf mehrere Gesetze aufgeteilt wird die ökosoziale Steuerreform beschlossen sowie auch der Finanzausgleich, der die Zahlungsströme zwischen den Gebietskörperschaften regelt, verlängert. Dabei werden Milliarden Euro bewegt. Dennoch wird die umstrittene Impfpflicht im Fokus der Debatte stehen. Die SPÖ wird wohl geschlossen zustimmen.

Die Sozialdemokraten forderten aber von der Regierung noch parallele Anreize ein, also nicht nur eine Verpflichtung zur Covid-19-Impfung. Das könnten zum Beispiel höhere Bedarfszuweisungen für Gemeinden mit hoher Impfrate sein oder eine Lotterie.

 

 

Derzeit holen sich täglich zwischen 30.000 und 60.000 Personen in Österreich eine Covid-19-Impfung, wobei etwa ein Zehntel davon Erstimpfungen sind. Laut dem Entwurf zur Impfpflicht wird es erst ab Mitte März zu Strafen kommen, wobei ein Verstoß gegen die Impfpflicht bis April ein Kontrolldelikt ist. Das heißt, dass die Polizei bei Routinekontrollen, etwa im Straßenverkehr, auch gleich den Impfstatus erheben und gegebenenfalls ahnden soll (bis 600 Euro). Erst wenn Elga die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, werden automatisierte Strafverfügungen an ungeimpfte Personen geschickt, sofern sie im Impfregister keine Ausnahmegenehmigungen eintragen haben lassen. Wobei vor der Strafe noch eine Einladung zu einem Impftermin vorgeschaltet ist.

 

 

Für die aktuelle Omikron-Welle kommt die Einführung der Impfpflicht, die ab Anfang Februar in Kraft tritt, laut Experten zu spät. Am Mittwoch wurden mehr als 27.677 neue Fälle gemeldet, das ist ein absoluter Höchstwert an Infektionen, ein Drittel davon entfällt in etwa auf Wien. Und die Vorausschau des Prognose-Konsortiums für die kommende Woche ist nicht viel besser: Da werden dann teilweise über 40.000 Neuinfektionen pro Tag erwartet.

Andererseits befindet sich Österreich mit diesen Fallzahlen in Europa eher noch im unteren Mittelfeld. Dänemark und Frankreich weisen die zwei- bis dreifache Inzidenz auf. Zudem wird in keinem Land auch nur ansatzweise so viel getestet wie in Österreich, wodurch sehr wahrscheinlich ist, dass die Dunkelziffer der tatsächlichen Fallzahlen anderswo noch höher ist. Die benachbarte Schweiz meldete am Mittwoch zum Beispiel 38.015 neue Infektionen, wobei 38 Prozent aller durchgeführten PCR-Tests positiv ausgefallen sind. In Österreich lag diese Positivrate zuletzt bei lediglich sechs Prozent.

 

 

In einigen Ländern wie Großbritannien, Irland und Griechenland weist der Trend wieder nach unten. Das ist in Österreich aber noch nicht absehbar. Ebenso ist unklar, wie sich das Infektionsgeschehen auf die Spitalssituation umlegen wird. Erfahrungen aus anderen Ländern sind aufgrund unterschiedlicher Immunitätsniveaus nur bedingt auf Österreich übertragbar. In der Schweiz ist zumindest auf den Intensivstationen noch kein Anstieg zu bemerken, vielmehr sinken die Belagszahlen – allerdings auf noch sehr hohem Niveau aufgrund der vorangegangenen Delta-Welle.

PCR-Tests werden zunehmend Mangelware

Das Prognose-Konsortium des Gesundheitsministeriums berechnete für die Normalstationen für Anfang Februar 1.500 Patientinnen und Patienten mit Covid-19, wobei die Schwankungsbreite aufgrund der schlechten Datenlage sehr groß ist. Auf den Intensivstationen könnte es wieder in Richtung 300 Patienten gehen (derzeit 193). Diese Vorausschauen dienen allerdings primär den Krankenanstalten zur besseren Planung und Vorbereitung und sind aufgrund der Limitierungen nicht als Vorhersage zu verstehen. 

 

 

Am Mittwoch waren zwar die Schul-PCR-Tests, deren Auswertung und Zuordnung nach der Neuvergabe des Auftrags bisher nicht funktioniert hatten, zeitgerecht übermittelt worden, dennoch kommen die PCR-Kapazitäten außerhalb von Wien bereits an ihre Grenzen. Wobei dies auch in anderen Ländern Europas ähnlich bzw. die Lage noch weit schwieriger ist. Wissenschafter wie Peter Klimek und Gerald Gartlehner hatten sich bereits dafür ausgesprochen, die Teststrategie anzupassen und zum Beispiel bestimmte Gruppen bei PCR-Tests zu priorisieren.

 

 

Die Bundesregierung hat zunächst einmal wieder Selbsttests für den Heimgebrauch als 3G-Nachweis zugelassen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte nach dem Ministerrat, die hohe Zahl der Tests sei aktuell nicht anders zu bewältigen. Und es sei immer besser zu testen, als gar nicht zu testen, betonte er. In Wien, wo die PCR-Testkapazitäten noch nicht am Anschlag sind, werden die “Wohnzimmer-Tests” aber nicht für den 3G-Nachweis zugelassen.