In zweieinhalb Wochen soll in Österreich die allgemeine Covid-Impfpflicht in Kraft treten. Auf diese Maßnahme hat sich die Bundesregierung im November im Abtausch gegen einen dreiwöchigen allgemeinen Lockdown mit den Landeshauptleuten geeinigt. Der politische Wille, die Impfquote in Österreich durch eine Verpflichtung und somit einem starken Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte zu erhöhen, ist zutiefst österreichisch. Auf gelindere Mittel wie etwa ökonomische Anreize vertraut man hierzulande nicht. So werden etwa Vorschläge zu Impfprämien seit Wochen geprüft, eine konkrete Umsetzung ist jedoch nicht absehbar. Negative Anreize wie etwa kostenpflichtige PCR-Tests für Ungeimpfte werden nicht erwogen. Der Lockdown für diese Personengruppe war bisher, was die Impfbereitschaft betrifft, weitgehend ineffektiv.

 

 

So überrascht es auch wenig, dass die heimische Impfkampagne zum Erliegen gekommen ist. Am 15. November betrug der Sieben-Tage-Schnitt an Erstimpfungen auch wegen der Einführung der 2G-Regel in der Gastronomie noch 19.800, sank dann aber bis Mitte Dezember um mehr als 50 Prozent auf weniger als 9.700. Am 11. Jänner lag der Sieben-Tage-Schnitt bei lediglich rund 4.000. Trotz der politischen Beteuerungen, dass die Impfung der beste Weg aus der Pandemie sei, wird hier nicht gegengesteuert.

 

Gleichzeitig ist die Diskussion der vergangenen Tage um die technische Umsetzung der Impfpflicht eine typisch österreichische. Im Zuge des Begutachtungsverfahrens kritisierten einige Verwaltungseinrichtungen, dass die Impfpflicht so nicht umsetzbar sei beziehungsweise im vorgegebenen Zeitplan die Voraussetzungen für eine Durchsetzung nicht zu schaffen seien. Besonders deshalb nicht, weil man vorher nicht gefragt worden sei, ob man den eigenen Beitrag zur Umsetzung fristgerecht leisten könne.

 

 

Österreichs Gesundheitspolitik und Verwaltung sind durch einen Kompetenzendschungel geprägt und weisen ein Digitalisierungsdefizit auf. Neben den Schwierigkeiten, eine Impfpflicht technisch rasch umzusetzen, zeigt sich dies im fehlenden Datenmanagement. Peter Klimek, Österreichs “Wissenschafter des Jahres”, kritisiert zu Recht, dass eine Prognose der Folgen der Omikron-Welle für das österreichische Gesundheitssystem nur schwer möglich ist. Die hierzu notwendigen Gesundheitsdaten sind zwar vorhanden, können aber nicht miteinander abgeglichen und ausgewertet werden. Die mittel- bis langfristigen gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kosten von Long Covid sind in Österreich ebenfalls aktuell nicht abschätzbar. Das AMS und die Österreichische Gesundheitskasse verfügen derzeit über keine entsprechenden Daten, “weil die Dokumentation in Österreich nicht verbindlich durchgeführt” wird. Man fragt sich nur: Warum nicht?

 

 

Obwohl wir in Österreich laut Statistik Austria im Jahr 2020 ganze 11,4 Prozent unserer Wirtschaftsleistung für laufende Gesundheitsausgaben verwendet haben, scheinen weder Politik noch Verwaltung an modernen Governance-Strukturen interessiert zu sein. Der vor sechs Jahren verstorbene Ausnahmekünstler David Bowie hat einmal gesagt: “Tomorrow belongs to those who can hear it coming.” In unserem Gesundheitssystem herrscht vornehmlich Stille.