Die zunehmende Belastung der Intensivstationen führt nun zu schärferen Maßnahmen in der Ostregion. Nach Informationen der APA, die der “Wiener Zeitung” bestätigt wurden, werden die Schulferien um eine Woche verlängert bzw. wird wieder ins Distance Learning übergegangen. Dazu wird der Handel in einer Art “Osterruhe” von Gründonnerstag bis Dienstag nach Ostern schließen – dies allerdings nicht für Produkte des täglichen Bedarfs.
Der Handelsverbands-Obmann Rainer Will zeigte sich über die sich abzeichnende Schließung von Geschäften in Ostösterreich zu Ostern “fassungslos”. Betroffen wären 5.000 Unternehmen. Die Schließung würde 0,5 Milliarde Euro Umsatz kosten, rechnete er der APA vor. Die Schließungen würden nicht nur die Arbeitsplätze gefährden, sondern auch das psychische Leid in der Bevölkerung erhöhen, ohne die Corona-Zahlen zu drücken. Dabei gebe es “unzählige” Studien, wonach der Handel nicht nennenswert zur Verbreitung von Corona beitrage, behauptete Will. WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik wollte vor einer Einschätzung die konkreten Beschlüsse abwarten.
Heimunterricht für 1,1 Millionen Schüler
Zu den Maßnahmen in den Schulen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland nach Ostern wurde am Mittwoch das Bildungsministerium in die Gespräche einbezogen, wurde der “Wiener Zeitung” erklärt. Mit diesem sollen sollen organisatorische Details geklärt werden. Im Grund laufe es aber auf Heimunterricht für die Schüler in der Ostregion hinaus. Derzeit gibt es für alle 1,1 Millionen Schüler bis zu den Osterferien ab kommender Woche bundesweit Präsenzunterricht mit Anwesenheit in den Klassen in Form eines Schichtbetrieb und geteilten Klassen.
Betriebliche Testung und Einreiseregelungen verschärft
Ausgeweitet werden sollen betriebliche Testungen auf möglichst einmal pro Woche. Diesbezüglich dürfte es sich um eine Empfehlung an die Unternehmen in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland handeln, war zu erfahren.
Fixpunkt ist, das wurde bestätigt, dass man die Einreiseregeln aus dem Ausland an Österreichs Ostgrenzen deutlich verschärfen wird, konkret soll bei Einpendlern die Test-Gültigkeit stark verkürzt werden. Derzeit liegt sie bei einer Woche. Im Detail wurde noch geklärt, ob die Gültigkeit des Testnachweises dann 48 oder 72 Stunden betragen wird.
Zudem ist geplant, die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske – die im Handel, in Öffis oder auch in Amtsgebäude jetzt bereits gilt – generell auf Innenräume auszudehnen. Unklar blieb zunächst, ob damit auch jüngere Schüler etwa in Volksschulen zum Tragen von FFP2-Masken verpflichtet werden. Mit Distance learning nach Ostern würde sich allerdings diese Frage zunächst erübrigen.
Dem Vernehmen nach hätte sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wie auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) noch schärfere Maßnahmen wie einen längeren Lockdown vorstellen können. Vor allem Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) soll da aber gebremst haben. Für Ärger bei den Landeshauptleuten hat gesorgt, dass Experten beim gestrigen Gespräch mit dem Gesundheitsministerium die Lage plötzlich viel dramatischer geschildert hätten als noch am Tag davor beim Bund-Länder-Gipfel im Kanzleramt. Da sei noch mit keiner Silbe von einem Lockdown gesprochen worden: “Es braucht mehr Verlässlichkeit”, hieß es aus Länderkreisen zur APA.
Insgesamt sah man aber das Gespräch mit Anschober, in das auch das Kanzleramt eingebunden war, als sehr konstruktiv an. Eine enge Zusammenarbeit scheint auch wichtig, denn Experten schilderten beim “Ost-Gipfel” die Situation an den Wiener Spitälern als “äußerst kritisch”. Im Wiener Rathaus wurde am Mittwoch auch nicht ausgeschlossen, in einem zweiten Schritt die Maßnahmen zumindest in der Bundeshauptstadt zu verschärfen. Dies wird laut APA-Informationen dann überlegt, wenn die Infektionszahlen weiterhin so stark ansteigen wie bisher. Wie die Maßnahmen nun im Detail aussehen, soll offiziell erst am Abend verkündet werden.
Deutliche Zuwächse auf Intensivstationen
Anschober hatte bereits Mittwoch Abend wegen der angespannten Lage in den Spitälern auf scharfe Maßnahmen gedrängt. Tatsächlich verschärfte sich die Situation am Mittwoch weiter – vor allem im Osten Österreichs. Wien und Niederösterreich verzeichneten erneut deutliche Zuwächse an Intensivpatienten. In der Bundeshauptstadt kamen seit Dienstag acht Intensivpatienten hinzu. Somit benötigen in Wien bereits 176 Covid-19-Erkrankte intensivmedizinische Versorgung, so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie vor mehr als einem Jahr. In Niederösterreich mussten seit Dienstag sechs weiter Patienten auf Intensivstationen aufgenommen werden, in Summe werden dort 91 Infizierte betreut. Der bisherige Höchststand wurde am 25. November mit 115 erreicht. Österreichweit stieg die Zahl der Patienten auf Intensivstationen seit Dienstag um zehn auf 447 an. Außerdem meldeten die Behörden 3.289 Neuinfektionen.
Weiter gestiegen ist auch insgesamt die Zahl der Menschen im Krankenhaus. So lagen am Mittwoch österreichweit 2.086 Menschen in Spitälern, um 37 mehr als am Dienstag. Innerhalb einer Woche wurden es 235 Infizierte mehr, was eine Steigerung von 13 Prozent bedeutet. Bei den Intensivbetten kamen in den vergangenen sieben Tagen 47 Schwerkranke hinzu, vor einer Woche waren noch exakt 400 Covid-19-Erkrankte intensivmedizinisch versorgt worden.
1.091 Neuinfektionen in Wien in 24 Stunden
An Neuinfektionen vermeldete Wien in den vergangenen 24 Stunden 1.091 neue Fälle. In Niederösterreich waren es 667, Oberösterreich 494, die Steiermark 334, Salzburg 244 und Tirol 213. In Kärnten wurden 190 weitere Infizierte verzeichnet, im Burgenland 103 und in Vorarlberg 79. Die Sieben-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohner stieg am Dienstag österreichweit auf 247,7 (Dienstag: 247,1) an. Innerhalb der vergangenen Woche waren 22.045 Neuinfektionen verzeichnet worden.
Seit Dienstag wurden weitere 30 Todesopfer verzeichnet. Österreichweit sind somit bisher 9.151 Personen an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben. Innerhalb der vergangenen Woche wurden 195 Todesfälle registriert. Pro 100.000 Einwohner sind seit Beginn der Pandemie bereits 102,8 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben.
Am Mittwoch wurden wieder hohe Testzahlen gemeldet. Insgesamt wurden in den vergangenen 24 Stunden 300.842 PCR- und Antigenschnell-Tests eingemeldet. Davon waren 61.750 aussagekräftige PCR-Tests, die Positivrate lag bei 5,3 Prozent. Im Schnitt waren in der vergangenen Woche täglich 53.884 zuverlässliche PCR-Abstriche – untersucht worden, davon fielen 5,8 Prozent positiv aus.
3,8 Prozent Vollimmunisierte
Auf die Durchimpfung der Bevölkerung kann Österreich nicht ohne Maßnahmen warten. Zwar sind mehr als eine Million Menschen in Österreich wurden zumindest einmal geimpft. Die 1.013.332 Personen entsprechen somit 11,4 Prozent der Gesamtbevölkerung. Von Montag auf Dienstag kamen 30.017 Impfungen hinzu. Voll immunisiert wurden bisher 341.362 Menschen, was 3,8 Prozent ausmacht. Die Teilgeimpften und bereits bestätigten Infizierten machen somit 17,2 Prozent der Bevölkerung aus. Laut Experten dürfte die Dunkelziffer der Immunisierten aber deutlich höher liegen.
Schuld an der Zuspitzung ist die Ausbreitung der infektiöseren und aggressiveren britischen Variante. Die Gesundheitsexperten sprechen sich daher für einen harten, kurzen Lockdown im Osten des Landes aus. Die Epidemiologin Eva Schernhammer, die dem Experten-Gremium der Regierung angehört, sagte in der “ZiB2” des ORF, es brauche nun ein “entschiedenes Handeln” – “ein Handeln, das zu Resultaten führt”. “Ich würde einen harten Lockdown bevorzugen, der kurz ist, aber effektiv – und der zu einem raschen Abfallen der Infektionszahlen führen würde.”
Ähnlich äußerte sich Komplexitätsforscher Peter Klimek, der auch Teil des offiziellen Corona-Prognosekonsortiums ist. “Uns geht definitiv die Zeit aus”, sagte er in der “Presse” (Mittwoch-Ausgabe) mit Blick auf die Intensivstationen. Gefragt, ob es eine Art “Ost-Lockdown” brauchen würde, sagte Klimek: “Wenn man es plakativ formulieren will: Ja.”(ett/apa)