Delta-Mutation um bis zu 40 Prozent ansteckender

 

In Großbritannien gilt die Variante, die erstmals in Indien nachgewiesen worden war, bereits als vorherrschend. Experten sehen ein wichtiges Argument für Covid-Impfung.

Die Delta-Variante (B.1.617.2) des Coronavirus ist nach Angaben der britischen Regierung um 40 Prozent ansteckender als die Ursprungsform des Covid-19-Erregers. In Großbritannien gilt die Variante, die erstmals in Indien nachgewiesen worden war, bereits als vorherrschend und kann laut der dortigen Gesundheitsbehörde zu schwereren Covid-19-Erkrankungen führen. Sie liefert deshalb ein “gewichtiges Argument für das Impfen”, schreibt der Virologe Andreas Bergthaler auf Twitter.

Wie der Wissenschafter vom Wiener Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) weiter erläutert, hat sich die Mutation in Großbritannien ab Ende März in Clustern stark verbreitet und die frühere dominante Variante B.1.1.7, ehemals britische und nunmehr Alpha-Mutation genannt, abgelöst. In Österreich finde sie sich laut Bergthaler nur sporadisch in weniger als einem Prozent der Neuinfektionen, auch im Abwasser sei sie noch nicht nachgewiesen worden. Laut dem Ages-Variantenbericht treten einzelne Fälle der Mutation auf. Die jüngsten Daten gibt es für die letzte Mai-Woche, da gab es drei Verdachtsfälle in Wien.

Vollimmunisierung wirkt auch gegen Delta

Bergthaler zufolge zeigen aktuelle Impfdaten von Biontech und AstraZeneca, dass ein Vollimmunisierung auch gegen Delta wirkt. Die erste Teilimpfung alleine scheint allerdings deutlich schlechter zu schützen, weshalb Großbritannien nunmehr die Impfbemühungen erhöhte. Ein hoher Immunisierungsgrad sei das beste Mittel, um infektiösere Varianten mit möglichem Immunescape (Ausweichen gegenüber dem Immunsystem; Anm.) hintanzuhalten. “Bei der Delta-Verbreitung scheint Österreich bis jetzt circa ein bis zwei Monate ‘Vorsprung’ gegenüber Großbritannien zu haben. Dieses Fenster sollten wir durch Impfungen nutzen”, forderte Bergthaler auf Twitter.

Strategie für Herbst gefordert

 

Zuletzt hatte der Komplexitätsforscher Stefan Thurner im Gespräch mit der “Austria Presse Agentur” eine Eindämmungsstrategie für Herbst gefordert. Denn auch bei einer Durchimpfungsrate von rund 50 Prozent könne es in Verbindung mit der Delta-Variante B.1.617.2 immer noch zu Problemen kommen. Man könne davon ausgehen, dass die hierzulande seit längerem dominante “britische Variante” (B.1.1.7 oder nach neuer WHO-Namensgebung “Alpha”) um etwa 50 Prozent ansteckender ist als der “Wildtyp”. Wenn man nun annimmt, dass sich die zunächst in Indien gefundene Variante B.1.617.2 nochmals 40 bis 50 Prozent leichter überträgt und sich in den kommenden Monaten von Großbritannien ausgehend in Kontinentaleuropa ausbreitet, dann könnte es hierzulande im Herbst einmal mehr zu stattlichen Ausbrüchen kommen, warnte Thurner.

 

In einem “realistischen sozialen Netzwerk” kann man bei einer Immunitätsrate von 50 Prozent theoretisch immer noch ein Infektionsgeschehen erreichen, das 40 Prozent der Bevölkerung umfasst, weil nicht jede Person gleich viele soziale Kontakte pflegt. “Es kann immer noch fast die Hälfte der Bevölkerung betreffen, obwohl die andere Hälfte geimpft ist. Das müsse man sich vor Augen halten. Daher heißt es ‘Aufpassen'”, so Thurner. Selbst wenn im Herbst zehn Prozent der Bevölkerung infiziert sind, ist das immer noch “sehr, sehr viel”. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies die Intensivbettkapazitäten sprengen wird, sei jedoch insgesamt geringer. Bund und Länder müssen jetzt weiter alles dafür tun, um die Menschen zur Impfung zu motivieren. “Man müsste sagen: Freunde, wir haben dann im Herbst echt weniger Stress”, forderte Thurner. (apa)