Prag/Wien. Einen Tag vor dem Match gegen Schottland hatte Tschechien plötzlich seine gesamte Fußball-Nationalmannschaft verloren. Weil zwei Betreuer positiv auf Covid-19 getestet worden waren, musste das gesamte Team nach Hause geschickt werden. Einen Tag vor dem Spiel musste der Verband eine komplett neue Mannschaft zusammenstellen. Das aus jungen Talenten und wieder für die Nationalelf aktivierten Routiniers zusammengewürfelte Team schlug sich wacker, verlor aber dieses besondere und sonderbare Match gegen Schottland am Montag in Olmütz mit 1:2.
Es mag Zufall sein, dass es ausgerechnet das tschechische Team erwischt hat, gleichzeitig ist es aber symptomatisch für die Lage im Nachbarland. Denn die Kurve der Corona-Neuinfektionen zeigt dort seit Tagen steil nach oben. Am Dienstag wurde mit 1164 neuen Fällen ein neuer Rekordwert erreicht, teilte das Gesundheitsministerium am Mittwoch mit. Auf Rekordhöhe ist damit auch die Zahl der aktiv Infizierten, das sind nun 9272.
Dabei war es gerade Tschechien anfangs gelungen, die Zahlen weit unten zu halten. Sofort nach den ersten Fällen wurden im März die Grenzen geschlossen, schneller und rigoroser als anderswo wurde eine Maskenplicht eingeführt. Doch im Sommer herrschte ein sehr lockerer Umgang mit Corona: So durften etwa die Wirtshäuser wieder bis in die Morgenstunden offen haben, konnte in den Prager Clubs gefeiert werden, und der Mundschutz war immer seltener zu sehen. Zudem sollen einige Tschechen das Virus auch vom Urlaub mit nach Hause gebracht haben.
Was auch immer die genauen Gründe für den Anstieg sein mögen: Tschechien oder zumindest die sehr stark betroffene Hauptstadt Prag drohen als Risikogebiet eingestuft zu werden, was Reisewarnungen und -beschränkungen mit sich bringen könnte.
Das war auch Thema beim Treffen von Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, Tschechiens Premier Andrej Babis und dem slowakischen Regierungschef Igor Matovic am Mittwoch in Wien. Tenor: Die Reisefreiheit soll so lange wie möglich erhalten bleiben. “Wir wollen alles dafür tun, damit die Grenzen offen bleiben”, betonte selbst Matovic, obwohl die Slowakei von allen drei Ländern die wenigsten Infektionen zu verzeichnen hat. Laut Complexity Science Hub Vienna verzeichnete die Slowakei seit 25. August 2,3 positiv Getestete je 10.000 Einwohner, in Österreich lag der Wert bei 4,9 und in Tschechien bei 6,9.