Gassubstitution in der Praxis schwer umsetzbar

 

 

Umfrage prognostiziert große Produktions- und Umsatzeinbußen bei Gaslieferstopp. Umstellung auf Alternativen ist aber schwierig.

Wie sieht es eigentlich mit der Verwendung und Bevorratung von Gas und vor allem den Möglichkeiten, es zu substituieren, aus? Diesen Fragen ist die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) gemeinsam mit dem Complexity Science Hub (CSH) in ihrer Unternehmensumfrage nachgegangen. Insgesamt wurden 2.884 Unternehmen zwischen dem 28. Juni und dem 12. Juli 2022 befragt. Das besorgniserregende Ergebnis: Zwischen Theorie und Praxis klafft eine große Lücke.

 

 

So geht rund ein Drittel der gasverwendenden Unternehmen davon aus, bei einem kompletten Wegfall der Erdgasversorgung kurzfristig 90 bis 100 Prozent der Produktion einstellen zu müssen. In einem ähnlich drastischen Ausmaß würden sich dabei dann auch die Umsatzeinbußen bewegen. Unternehmen erwarten aber bereits bei einer Reduktion der Gaszufuhr erhebliche Auswirkungen auf ihren Betrieb. Nur wenigen Betrieben ist es nämlich selbst möglich, einen Gasvorrat anzulegen. Laut Umfrage bevorraten derzeit trotzdem 1,9 Prozent der Unternehmen Erdgas.

Noch ein langer Weg

 

 

Viel ist deshalb momentan auch von Gassubstitution die Rede. Aus rein technischer Sicht könnte zwar ein großer Teil der Betriebe seinen Erdgasbedarf durch den Wechsel zu Alternativen wie Strom reduzieren, dies wäre jedoch mit enormen Kosten und einem hohen Zeitaufwand verbunden. So gab mehr als ein Viertel der befragten Industrieunternehmen (29 Prozent) an, auch binnen zwei Jahren die Produktion kaum oder gar nicht auf alternative Energiequellen umstellen zu können.

 

 

Für Jürgen Streitner, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, brauche es deshalb Tempo vonseiten der Politik: Die Regierung müsse rasch die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, um einen Energiewechsel zu ermöglichen. Gelinge dies nicht, dann werde es kurzfristig kaum möglich sein, die EU-Vorgabe zu erfüllen. „Allem voran benötigen Unternehmen Rechtssicherheit, wenn bei einem Fuel-Switch Emissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden können. Es geht darum, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um jetzt Vorkehrungen für eine mögliche Erdgassubstitution treffen zu können“, so der Experte. Grundsätzlich gilt nämlich: „Je eher Gas substituiert werden kann, desto mehr können wir auch einspeichern“, so Streitner. Verstärkte Unterstützung sei auch beim Umstieg auf erneuerbare Energien dringend nötig. „Wir warten noch immer auf die Investitionszuschussverordnung für erneuerbare Gase, die bereits mit Beschluss des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes im Juli 2021 hätte umgesetzt werden können“, ergänzt Streitner.